Vertane Zeit !

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stephanus217 Avatar

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Um mit dem Unwichtigsten zu beginnen:
Die genderkorrekte Schreibweise mit üppiger Verwendung des Gender*sternchens finde ich einfach nur ärgerlich; die Herren Grimm und Duden würden sich im Grab umdrehen.
Vielleicht sollte man die Sprachgeschlechter der deutschen Sprache einfach ganz abschaffen: das Hund und das Katze oder das Student und das Musiker hätte doch was, oder müsste man dann trotzdem das Musiker*in schreiben?

Ok, das ist jetzt nicht das eigentliche Thema, sondern der Klimawandel, das Zukunftsthema schlechthin.

Nach der Lektüre des Klappentextes und des Inhaltsverzeichnisses/der Gliederung hatte ich die Hoffnung, endlich mal ein Buch in Händen zu haben, das konkrete Handlungsalternativen aufzeigt, sowohl für die Gesellschaft als auch für den Einzelnen.

Und ich bin enttäuscht. Fast die Hälfte des Buches beschreibt der Autor die Dramatik des Ist-Zustandes und der aktuellen Handlungsversäumnisse. Das weiss man alles aus unzähligen Nachrichtensendungen, Talk-Shows, Zeitungsartikeln, Wissenschaftsmagazinen und woher sonst noch - dargestellt aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln mit unterschiedlichsten Schwerpunkten.
Sicher, der Autor ist Experte, aber die unzähligen Daten, die er über dem Leser ausschüttet. sind für den lesenden Laien weder überprüfbar, noch zeigen diese allein Handlungsalternativen auf und für die Lesbarkeit sind sie auch nicht wirklich hilfreich.

Ich hatte dann die Hoffnung, dass dann im 2. Teil der Autor endlich Konsequenzen aus dem theoretischen "Überbau" zieht, und mir eine Zukunftsperspektive aufzeigt.
Dort wiederunm wird der Autor seltsamerweise aber plötzlich wenig konkret, bleibt vage. Die Forderungen, die er postuliert, sind bekannt und werden ohnehin gebetsmühlenartig wiederholt. Man könnte das vielleicht so zusammenfassen:

- Benzin und Diesel sind böse, die Elektromobilität ist die Zukunft.
- Fahre Fahrrad oder gehe zu Fuß
- Nutze den ÖPNV
- Fahre möglichst nicht mehr in Urlaub
- Saniere Dein Haus
- Nutze nur neueste Elektrogeräte mit höchster Energieffizienz
- Kinder, treibt Eure Eltern vor Euch her und leitet sie zu besserem Handeln an.

Das mag ja alles richtig und gut sein, aber:

Wie groß ist der Bevölkerungsanteil derer, die ihre Elektrogeräte auf dem neuesten Stand halten und ihre Wohnung topenergetisch sanieren können.? Und wie sieht das im Rest der Welt aus?

ÖPNV ist ja gut und schön, aber was macht eine 80-jährige Rentnerin im Bayerischen Wald oder irgendwo in Brandenburg ohne Geschäft vor Ort, wo der Bus 2x am Tag verkehrt, wenn überhaupt? Und aufs Fahrrad kann man die Oma ja wohl auch nicht mehr setzen.

Wo soll der ganze Strom herkommen, wenn auch die erneuerbaren Hestellungsvarianten (Bsp. Windenergie) höchst umstritten sind? Und wo kommen die ganzen Akkus her, die für die e-Mobilität gebraucht werden? Ist es egal, dass diese weitgehend aus Asien kommen und die erforderlichen Rohstoffe oft unter menschenverachtenden Umständen in 3.Welt-Ländern gefördert werden? Übrigens, die für die Akkus erforderlichen Metalle werden deshalb "Seltene Erden" genannt, weil sie selten sind!

Ach ja fff - Kinder dürfen in unserer Gesellschaft weder Verträge abschliessen, noch Auto fahren oder wählen etc., weil man davon ausgeht, dass sie die Tragweite ihres Tuns noch gar nicht erkennen können. Was bringt uns nun dazu, genau diesen Kindern in der komplexesten Zukunftsfrage der Menschheit die Meinungs- und Handlungshoheit einräumen zu wollen?

Im Ergebnis ist das wieder ein Buch von einem gutverdienenden Großstädter für gutverdienende Grosstädter, die sich "den Klimawandel finanziell und infrastrukturell, vielleicht mit kleinen Abstrichen, leisten können"

Aber was machen wir mit unseren Alten, die immer mehr werden und die immer mehr von Armut bedroht sind oder unseren Kranken?
Und die oben beschriebene Oma ist auch nicht wirklich verdächtig, demnächst auf Kreuzfahrt zu gehen...

Fazit: Enttäuschend