Spießige Scheibenwischer, verschneite Geschichten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
marapaya Avatar

Von

„Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb. Sie konnten beisammen nicht kommen. Das Wasser war viel zu tief. Das Wasser war viel zu tief“ Eines meiner liebsten Volkslieder, von dem ich wieder mal nur die erste Strophe richtig kenne und aus „beisammen“ zudem immer ein zusammen mache. Aber die tiefe Tragik des Liedes bringt mir sofort Gänsehaut und Melancholie. Alex Capus' Roman „Königskinder“ hingegen fängt recht heiter an. Sein Ehepaar liebt es um Kleinigkeiten zu diskutieren und nimmt sich selbst sonst nicht sehr ernst. Zumindest gehen sie mit der Tatsache, auf der Passstraße im Auto nachts eingeschneit zu sein, sehr souverän um. Capus schafft eine Situation gleich einem traditionellem Geschichtenerzähler: Um sich die Zeit zu verkürzen, erzählt der Ehemann seiner Frau eine Geschichte, die sich an dem Ort ihrer Schneestrandung etwa 300 Jahre zuvor abgespielt hat und ich bin mir sicher, es wird sich um eine tragische Liebe drehen. Von Capus' Erzählermagie brauch wir nicht zu reden – ich bin gerade mit Jakob auf dem Berg und liege mitten in seiner Kuhherde, es darf gern weitergehen mit der Geschichte.