Märchenhafte , aber wahre Geschichte

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
leukam Avatar

Von

Der Schweizer Schriftsteller Alex Capus ist ein Garant für gute, unterhaltsame , aber nicht banale Geschichten. Gerne greift er auf außergewöhnliche, doch eher unbekannte historische Figuren zurück. So auch in seinem neuesten Roman.
Max und Tina, ein Paar mittleren Alters, fahren mit ihrem Auto eine gesperrte Passstraße hoch. Es schneit ,immer mehr, der Wagen bleibt im Schnee stecken. Das Paar muss die Nacht im zugeschneiten Auto verbringen. Wirkliche Gefahr besteht nicht; die beiden haben gut zu Abend gegessen, am Morgen wird die Schneefräse kommen und den Weg freiräumen. Es gilt nur, die Nacht zu überbrücken. Zum Einschlafen erzählt der Mann nun eine Geschichte, die sich vor mehr als zweihundert Jahren hier zugetragen haben soll.
Der zweite Erzählstrang führt uns so in das Jahr 1779. Hier oben in den Bergen lebt der 22jährige Jakob allein in seiner Melkhütte und hütet die Kühe der reichen Bauern aus dem Tal. Als er am Ende des Sommers ins Dorf hinabkommt, begegnet er Marie, einer schönen Bauerntochter. Die beiden verlieben sich, doch ihr Vater duldet keine Beziehung zwischen dem Hungerleider vom Berg und seiner Tochter. Jakob und Marie reißen aus und verbringen eine schöne Zeit auf der Hütte. Doch die Idylle ist nicht von Dauer. Marie muss zurück zu ihrer Familie, Jakob verpflichtet sich als Soldat bei der französischen Armee.
Auf dem Hof von Versailles regiert zu dieser Zeit König Ludwig XVI. Dessen Schwester, die Prinzessin Elisabeth entwickelt moderne Ideen. Sie will auf einem nahegelegenen Landgut ein neues Paradies erschaffen. Zu diesem Paradies gehören auch richtige Schweizer Milchkühe und dazu braucht es einen Original Schweizer Kuhhirten. Ihre Wahl fällt auf Jakob, der seine Aufgabe meisterhaft bewältigt. Aber die Prinzessin merkt bald, dass ihn ein geheimer Kummer plagt. Und als sie von der unglücklichen Liebe zwischen Marie und Jakob erfährt, lässt sie die junge Frau nachkommen. Im April 1789 trifft diese in Versailles ein. Bald darauf führt die Französische Revolution zum Sturz der herrschenden Klasse. Marie und Jakob kehren zurück in ihre Schweizer Berge.
Diese Geschichte lässt Capus seinen Protagonisten Max erzählen, immer wieder unterbrochen von bissigen Kommentaren seiner Begleiterin, die den Wahrheitsgehalt öfter anzweifelt. „Wobei es gar nicht so wichtig ist, ob eine Geschichte wahr ist oder nicht. Wichtig ist, dass sie stimmt.“
Augenzwinkernd und mit viel Charme entfaltet Alex Capus diese märchenhafte Erzählung, der man gerne folgt. Anschaulich und atmosphärisch schildert er die karge Welt der Berge, das bäuerliche Dorfleben und das Treiben am französischen Königshof. Humorvoll sind die Dialoge, liebevoll die Figurenzeichnung.
„Königskinder“ ist ein wahres Lesevergnügen!