Ein Blick hinter die Kulissen

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roomwithabook Avatar

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Sarah Lai unterrichtet Drehbuchschreiben an einem kleinen College in New York, sie lebt unauffällig und zurückgezogen. Doch eines Tages wird sie von einem Journalisten der New York Times kontaktiert, der über einen MeToo-Fall in der Filmbranche recherchiert. Und Sarah kann viel darüber erzählen, schließlich war sie vor zehn Jahren als Produktionsassistentin an einem Film beteiligt, der vielen zum Durchbruch verholfen hat. Doch nur sie hat die Branche danach hinter sich gelassen. Allerdings ist sie sich anfangs nicht sicher, ob sie ihre Geschichte wirklich erzählen möchte.
Ihre Gespräche mit dem Journalisten, Thom Gallagher, bilden die Rahmenhandlung dieses Romans, der sich auf anschauliche Art und Weise mit dem inhärenten Sexismus und Rassismus des Filmbusiness auseinandersetzt. Li zeigt aber auch, wie einfach es ist, zur Komplizin zu werden, indem man gewisse Dinge entschuldigt oder nicht sehen will, weil es dem eigenen Fortkommen dient. Sie beleuchtet die Machtverhältnisse, die es Männern mit Geld erlauben, sich fast alles herauszunehmen, ohne dafür ernsthafte Konsequenzen fürchten zu müssen. Zu groß ist oft die Abhängigkeit der anderen, zu wichtig die eigene Karriere oder die Kontakte im Job. Diese Zustände findet man sicherlich nicht nur in der Filmbranche, aber vielleicht sind sie dort ob der oft extremen Arbeitssituation besonders einfach aufrechtzuerhalten. Sarah hat es als Frau mit chinesischem Hintergrund und ohne Geld im Rücken besonders schwer, im Filmgeschäft überhaupt Fuß zu fassen. Die Autorin hat selbst als Produzentin gearbeitet und weiß also, wovon sie schreibt. Das hat zur Folge, dass manche Passagen ein bisschen an ein Proseminar erinnern und den Lesefluss nicht gerade beschleunigen. Trotzdem hat mir das Buch gut gefallen, es liest sich flüssig und zeigt die Strukturen, die jeglicher Form von Missbrauch Vorschub leisten. Passend dazu waren die Interviewausschnitte mit anderen Frauen, die Sarahs Geschichte in einen größeren Kontext gestellt haben.
Wie wichtig dieses Thema nach wie vor auch in Deutschland ist, zeigt sowohl ein Blick in die Medien als auch die Tatsache, dass den Opfern entweder nicht geglaubt oder ihnen zumindest gern eine Teilschuld gegeben wird.