Ein Leben mehr!

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marcialoup Avatar

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Wow, was für ein Buch … !
Die ersten Tränen kamen mir gleich zu Beginn bei der herzzerreißenden Szene als Frieda’s Mann Louis starb. Kurz darauf fand sich die 81-jährige Frieda im betreuten Wohnen wieder.
Für Frieda war der Umzug ins betreute Wohnen noch frisch und zieht sich durchs Buch, denn Tobias, ihr Sohn, der in Kürze Vater werden wird, räumt die Wohnung seiner Eltern aus und organisiert den Umzug von Frieda.
Allein in ihrem Zimmer kommen Erinnerungen an Zeiten der jungen Frieda auf und zwischen Abschied und Neubeginn schleicht sich die verbotene Geschichte ihres Lebens, die sie noch einmal erleben kann, dieses Mal frei von Konventionen.

Mit eindringlicher Sprache beschreibt Jaap Robben das Alt-sein, Abschiede und das Jung-sein in den 60er-Jahren. Dabei nimmt er Leser und Leserin gekonnt mit. Für mich war es wie ein Sonntagsbesuch dort bei Frieda, die mir ihre Lebensgeschichte erzählt, denn ich habe das Buch tatsächlich an einem einzigen Tag gelesen!

Die 60er Jahre und ihre strenge Familie ziehen Frieda ein Kleid an, das ihr nicht paßt. Dadurch wird Frieda eine starke Frau, die aber innerlich immer zerbrochen bleibt und nun das Kleid aufknöpft, um endlich Luft zu bekommen. Sie wurde zu Entscheidungen getrieben, die nicht ihre waren. Das zu bereuen holt sie an ihrem Lebensabend ein und sie fängt an, ihr altes Leben zu suchen und stößt dabei auch auf Unverständnis … der eigene Sohn, wie schon damals ihre Eltern – allein gelassen in einer Situation, die sie nur härter machen konnte.
Erschreckend die Reaktionen der Menschen von damals, wie sie über Frieda’s Leben entschieden haben in den 60er-Jahren – aufwühlend, tief.
Dann hatte ich wieder feuchte Augen bei der Geburt von Frieda’s erstem Kind sowie bei den Grausamkeiten, die sie erfuhr.
Kapitel 46 … nur ein Satz … so herzergreifend!
Atemlos liest man bis zur letzten Seite, ein Buch, das lange nachhallt.

Der Schmutzumschlag zeigt ein wunderschönes Cover und ein perfekter Titel rundet es ab, beides könnte nicht besser zum Inhalt eines langen Lebens passen, das in Erinnerung wieder an den Stellen lebendig wird, die unterdrückt wurden und nun endlich verarbeitet werden dürfen.
Das Cover zeigt Bruchstücke wie Puzzleteile einer hübschen Blume, deren schönste Blüte sich immer widerspiegelt. In grau gehalten der Teil der Blüte, der nicht so leben durfte, wie er wollte und ein kleines Stück davon in zarter Farbe, die herausgearbeitet wurde.
Die Puzzleteile sind in verschiedenen Rosatönen auf dem Hardcover selbst wiederzufinden.
Die Ich-erzählende Protagonistin Frieda wirkt sehr sympathisch und als Leser/in begleitet man sie gern durch ihre Lebensgeschichte.