Künstlertreffen oder Irrenanstalt?

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timphilipp Avatar

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Eine Gruppe junger Europäer verschiedener Kunstrichtungen nimmt an einem mehrwöchigen Künstlerstipendium in Irland teil. Was als Arbeitsaufenthalt mit abschließender Ausstellung geplant war, entpuppt sich als Fiasko – Unterbringung in einer Hotelruine in der Walachei ohne Kontakt nach draußen aufgrund fehlenden Internets, Telefons und Handyempfangs, Mangel an Arbeitsmaterialien, Lebensmittelknappheit. Der völlig unorganisierte Leiter Seamus vergrößert das Chaos noch durch ständige Vertröstungen auf „tomorrow“ sowie eigene Dauerabwesenheit. Die Künstler wollen nur noch weg. Ob ihnen das gelingt?

Dieser Roman geht in Richtung einer Satire, gibt er doch die Künstler verkörpernden Romanfiguren der Lächerlichkeit preis und prangert die Zustände in dem Künstlertreffen an. Alle Stipendiaten – Autoren, Maler, Architekten etc., dazu der Protagonist Karsten Kühne (der Ich-Erzähler), einziger Nichtkünstler, der sich als arbeitsloser Junior Creative Executive Chief einer insolventen Internetfirma den Stipendiumsplatz erschlichen hat – ergehen sich stoisch in Lethargie sowie Passivität und nehmen die ihnen gebotene Situation einfach so hin. Künstlerisch aktiv werden sie nicht. Da fragt man sich doch, wo denn ihre Schaffenskraft ist. Das Ganze ist in sehr witziger, z.T. ironischer Sprache geschrieben. Auflockernd wirken regelmäßige kurze Dialoge auf englisch, die sprachlich so einfach gehalten sind, dass sie jeder mühelos verstehen kann, zumal sie sich wie etwa Seamus Frage „Who is going to cook tonight?“ ständig wiederholen. Der Aufbau der Geschichte passt gut zu dem ausufernden Verlauf der Veranstaltung: Sie beginnt im ersten Kapitel mit dem 19. Tag des Aufenthalts und wird erst ab dem 2. Kapitel in chronologischer Reihenfolge von Tag 1 bis 25 fortgesetzt. So wird von Anfang an Spannung aufgebaut, will man doch wissen, was an den vorangegangenen Tagen passiert ist. Die Orientierung unter den vielen Mitwirkenden erleichtert zu Beginn ein Personenverzeichnis („Dramatis Personae“). Am Ende wird die eigene Neugier befriedigt, indem unter einem eigenen Kapitel „Was weiter geschah“ ein Ausblick auf das weitere Schicksal aller gegeben wird.
Ein ungewöhnliches, absolut lesenswertes Buch, das in seiner Bewertung von mir nur deshalb einen Abschlag erhält, weil die Story am Ende etwas aus dem Ruder läuft und auf unrealistische, der Handlung auch nicht förderliche Elemente wie einen Hausgeist und eine Leiche gut hätte verzichtet werden können.