Tote Vögel und mehr

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wuschelchen99 Avatar

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Corinna Bomann hat mit „Krähenmann“ außerhalb der von der Autorin sehr bekannten Historischen bzw. Liebes-Romanen einen Thriller für Jugendliche geschrieben. Zu dieser Zielgruppe gehöre ich nicht, aber trotzdem ging ich interessiert an das Lesen des Buches heran.

Clara kann dank ihrer sehr guten Noten und einem Stipendium das Eliteinternat Rotensand auf Rügen besuchen. Sie als Waisenkind, die am liebsten schwarze Sachen trägt, ist nicht unbedingt die typische Schülerin dieses Internats, das eigentlich Kindern reicher Eltern vorbehalten ist. Dementsprechend ist Claras Zusammentreffen mit den anderen Schülerinnen. Ein toter Vogel im Bett ist nicht gerade ein schönes Willkommensgeschenk. Doch Clara ist eine Kämpferin! Und ein beschaulicher Ort ist das Internat nicht, denn ein Serienmörder geht um. Ob es Clara gelingen wird, Freundschaften zu finden, sich heimisch zu fühlen und sogar noch das Dickicht der Mordfälle lichten zu können? Vielleicht gelingt ihr das mit Hilfe des mysteriösen Ratgebers?

Das Buch „knallt“ von Anfang an. Gleich der Prolog lässt den Leser einen fürchterlichen Mord miterleben. Für ein Jugendbuch ganz schön heftig. Auch die Verhältnisse im Internat sind heftig. Wie kann es sein, dass sich die Schulleitung so wenig um die grässlichen Vorgänge kümmert? Nicht nur die Morde sind damit gemeint, nein, auch die üblen Streiche oder besser gesagt das Mobbing der SchülerInnen gegenüber den Neuen bzw. Schwächeren. Ob sich das ein Eliteinternat leisten kann? Hier muss der Leser zweifeln.

Die Protagonisten hat die Autorin sehr authentisch gewählt. Der Hausmeister kommt sehr gut an. Clara, ganz logisch, ein super starkes Mädchen, das ihr Schicksal in die eigenen Hand nimmt. Marina, durchaus sympathisch, die anderen „Zicken“ nun gar nicht. Dem Leser fällt es leicht, sich in die Personen und deren Gedanken hineinzuversetzen. Einen besonderen Stellenwert hat der geheimnisvolle Ratgeber. Normalerweise gibt es so was in Buchform, aber hier wird dieser Begriff von der Autorin einmal ganz anders benutzt, nicht schlecht die Idee.

Dank der guten, klaren und anschaulichen Sprache fällt es schwer, den Thriller aus der Hand zu legen. Der Leser kann z.B. unwahrscheinlich gut die Gedanken des Mörders selbst nachvollziehen. Auch das Brennen einer Hütte ist so anschaulich geschildert, dass dem Leser die Haut kribbelt, weil er meint, die Hitze selbst zu spüren. Die vielen Wendungen und Irrwege bis zum Finden des Mörders sind sehr geschickt gewählt. Doch die letzte Frage bleibt offen bis zum Ende: Wer ist der geheimnisvolle Ratgeber? Das dringende Bedürfnis, diesem auf die Schulter zu klopfen, bleibt leider unbefriedigt. Potential für einen weiteren Teil? Nur die Autorin selbst kann hier Abhilfe schaffen.

Fazit: Ein leicht und schnell zu lesendes Buch, nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene mit einem knackigen Cover. Der Spannungsbogen ist ständig stramm gespannt und wird nur durch das etwas zu kurz und knapp geratene Ende etwas gestört. Für Thrillerleser, die es nicht nur brutal und blutig mögen, sondern auch in die Psyche eines Mörders sehen wollen, eine ganz klare Leseempfehlung. Einziger Kritikpunkt ist der laxe Umgang mit dem Thema Mobbing und das knappe Ende.