Imposante Sprachgewalt

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willowwhisp Avatar

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Ein verschwenderischer Geschäftsmann, in der Dekadenz zuhause, versammelt eine zufällige Gruppe an Menschen um sich. Reist durch die Welt, manipuliert seine Mitmenschen und sieht Frauen als bloße Eroberungen. Enthält der Roman "Krass" von Martin Mosebach zwar spannende Story-Elemente, so ist es besonders die Sprachgewalt, die in den Bann zieht. Die Seiten borden fast über vom komplexen Geflecht sozialer Beziehungen, von Metaphernschlachten, inneren Monologen, einem psychologische Sezieren von Charakteren mittels Buchstaben. Mosebach zieht in seinem jüngsten Roman sämtliche Register. Er kehrt das Innerste seiner Protagonisten nach Außen, baut meisterhaft zwischenmenschliche Spannungen auf und formuliert leichtfüßig mit philosophischen Einsprengseln. Diese poetische Sprachgewalt tröstet ein wenig über ein antiquitiertes Frauenbild hinweg, die Länge der Erzählung mit über 500 Seiten ist aber auch für Büchernarren schwer zu verdauen. So verliert die Handlung im zweiten Teil doch deutlich an Dynamik und Spannung, bevor sich die Ereignisse im letzten Drittel überschlagen und eine eigene Dramatik entwickeln. Zusammengefasst durchaus empfehlenswert für Leser*innen mit der nötigen Geduldsspanne.

Lieblingszitat:
"Da gruppierten sich Erinnerungssplitter neu, durcheinandergewürfelte Glassteinchen, die durch einen Spiegel zu Symmetrie gelangen - Ordnung, ist das nichts anderes als gespiegelte Unordnung?"