Grandios!!!

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mike nelson Avatar

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Martin Mosebach schenkt der Welt 525 Seiten Lesegenuss. Ein Sprachkünstler, der mit seinen Beschreibungen Figuren derart zum Leben erwecken kann, dass sämtliche Hollywood-Regisseure sich huldvoll verneigen müssten. Ein Sprachschatz ist entstanden, den man nicht aus der Hand legen mag! Da wird 'Telefon' noch mit 'ph' geschrieben, da begegnet man der hohen Kunst der Außen- und Innenweltbeschreibung und herrlich skizzierten Protagonist*innen; dabei jede Figur eine Besondere und ihr Zusammentreffen, weil auf Gegensätzen aufgebaut, etwas ganz Bedonderes. Der neue Roman ist 'echt krass' - da ist der Titel quasi Programm - nur wäre diese umgangssprachliche Plattitüde eine Beleidigung für diese Textkomposition. Ein Zeitsprung über zwanzig Jahre hinweg und wie er Menschen zum einen verändert und was doch bis zuletzt im Kern erhalten bleibt. Der Mann als dominantes und auch devotes Wesen; die Frauen als Beiwerk und Strippenzieherinnen; die Liebe und die Entfremdung, die innere Distanz zum nahen Liebesobjekt; Macht und Grenzerfahrungen. Wer eine langsam sich auflösende Beziehung wie folgt beschreiben kann, hat Großes geleistet: "... wer den Wettkampf der Desillusionierung am längsten durchhält." Oder auch, wie die Hauptperson Ralph Krass über sich selbst reflektiert: "Im Widersprüchlichen war er ein Meister." Oder wenn Ralph Krass sich an seine Kindheit erinnert: "... aber bei ihnen war ... der Frühjahrsputz kein Ritual, sondern eine tagelange Reinigungsschlacht, die den Haushalt von Grund auf umstülpte, alles unbewohnbar machte, ein Ausnahmezustand mit dem Ergebnis einer Ordnung, die gleichfalls irgendwie unbewohnbar war." "Man lernt nichts im Leben, es ist sinnlos, alt zu werden." Die ausgefeilte Handlung des Romans (siehe Klappentext) ist das eine, dass es einen wahren literarischen Schatz zu heben gibt das andere!!!