Sprachlicher Genuß, inhaltlich etwas enttäuschend

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Ralph Krass, der narzisstische Hauptprotagonist des Buches ist - auf den ersten Blick - eine eindrucksvolle Erscheinung. Selbstbewusst und souverän in jeder Situation. Zweifel kennt er nicht. Widerspruch duldet er nicht. Alles dreht sich nur um ihn. Er ist der Mittelpunkt, alle anderen Menschen nur schmückendes Beiwerk, die er wie Schachfiguren beliebig zu seiner Zufriedenheit und seinem Nutzen verschiebt. Dabei ist er letztlich nicht mehr als ein Blender. Man fragt sich unwillkürlich, wie lange er dieses Bild aufrecht erhalten kann?

Das Buch hat 528 Seiten und ist in drei Teile untergliedert.

Im ersten Teil " Allegro imbarazzante" genannt erlebt der Leser Ralph Krass in Italien 1988 auf dem Höhepunkt seiner "Schaffenskraft". Gemeinsam mit einer Gruppe ausgewählter Gefährten bereist er Neapel und Capri. Dort lernt er die junge Lidewine, Assistentin des Illusionszauberers Harry Reno kennen. Er lädt sie ein, bzw. befiehlt er ihr fast schon, sich der Reisegruppe anzuschließen. Er überhäuft die junge Frau mit teuren Geschenken. Höher. schneller, größer, opulenter - Geld spielt keine Rolle. Bei Ralph Krass ist alles möglich.

Im zweiten Teil " Andante pensieroso " genannt, geht es dann ausschließlich um die Erlebnisse Krass' ehemaligen Assistenten Matthias Jüngel im Jahre 1989.
Zur Zeit seines Angestelltenverhältnisses war er seinem Vorgesetzten treu und äußerst loyal ergeben. Sein Requisit: der immer gut gefüllte Koffer mit Bargeld. Und doch ist er nicht ganz neidlos - und möchte ein wenig so sein wie Ralph Krass. Doch das ist nun vorbei. Ralph Krass und die Zeit in Neapel sind Geschichte. In der Abgeschiedenheit Frankreichs versucht Jüngel dem Geheimnis Ralph Krass für sich und seine offenen Fragen über sein Leben und die Liebe auf den Grund zu gehen.

Im dritten Teil " Marcia funebre" genannt wird der Leser mitgenommen in eine völlig andere Zeit - 18 Jahre später in Kairo.
Hier erlebt der Leser dann einen völlig anderen Ralph Krass. Vorbei sind die goldenen Zeiten, in denen ihm die Welt zu Füßen lag. Er verfällt körperlich immer mehr, lässt nun plötzlich mittellos, sein Leben von einem jungen Anwalt verwalten und phantasiert weiterhin von großen Möglichkeiten. Durch konstruiert wirkende Zufälle treffen hier Jüngel und Lidewine treffen hier noch einmal auf einander und auch auf Ralph Krass.

Vom Klappentext ausgehend hatte ich mir von diesem Buch etwas mehr erwartet.
Den zweiten Teil der Geschichte hätte ich ehrlich gesagt nicht gebraucht. Bei aller sprachlichen Raffinesse war dieser Teil für mich einfach nur furchtbar langweilig. Jüngels Monologe über sein eigenes Unglück gingen mir mit der Zeit unheimlich auf die Nerven.

Es ist kein schlechtes Buch, aber es hat mich persönlich nicht so richtig überzeut. Sprachlich ist es wirklich außerordentlich gewaltig. So werden sowohl Charaktere, Landschaften , Stimmungen etc. wirklich wortgewaltig beschrieben..