Bedrückende Heimkehr

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aischa Avatar

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Zunächst fand ich Julja Linhofs Romandebüt durchaus beeindruckend. Das Setting ist ein Bauernhof in Westfalen, auf den der 19jährige Protagonist Jirka nach langen Jahren auf dem Internat zurückkehrt. Seine Schwester müht sich verzweifelt ab, mit dem Hof den Lebensunterhalt zu bestreiten, nachdem die Mutter verstorben ist, der Vater verschwunden und die demente Oma auch noch versorgt werden muss.

Linhof gelingt es schnell, diese mir völlig fremde Lebenswelt greifbar zu machen. In wechselnden Tempi, durchzogen von zahlreichen Rückblenden, wird die beklemmende Atmosphäre geradezu spürbar. Abgesehen von einigen kleinen Stilblüten hat mich die Erzählung sprachlich wirklich überzeugt. Sprache und Kommunikation ist auch inhaltlich für den Roman von Bedeutung. Denn Jirka und seine Schwester hatten (und haben) es nicht leicht in dieser Familie - genau genommen hat jedes Familienmitglied großes Leid zu tragen. Doch darüber wurde geschwiegen, wirkliche Gespräche fanden kaum statt, echter Austausch - Fehlanzeige.

So weit, so interessant. Doch nachdem die grobe familiäre Struktur klar war, hat mich der Roman etwas verloren. Für meinen Geschmack gab es einfach zu wenig Handlung, zu viel Gedankenkreisen, zu viel Unausgesprochenes, Wiederholtes. Und leider bleiben auch nach Vollendung der Lektüre die meisten der Figuren unscharf, mir fehlen Beweggründe für Entscheidungen, Motivationen für Handlungen.

Insgesamt ist mir der Roman leider noch zu fragmentarisch, zu wenig ausgearbeitet.