Mäßig

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mike nelson Avatar

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Mäßig. Zwar hochgelobt ("Ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann."), aber für mich eine schwer zugängliche Aneinanderreihung von Erinnerungs-Fragmenten und Zustandsbeschreibungen; zudem wechselt immer wieder recht unvermittelt die zeitliche Erzählebene. Was Julja Lindhof in Ihrem neuen Roman "Krummes Holz" allerdings sehr gut gelingt, ist eine äußerst bedrückende Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit zu kreieren. So hat man das Gefühl, auf dem abgelegenen Gehöft 'Krummes Holz' am Ende der Welt angkommen zu sein und noch die letzten, verbliebenen Aspekte einer vergangenen Ära erspüren zu können. Hart muss es zugegangen sein, beim Leben und Arbeiten auf dem Hof, was der zurückgekehrte 19-jährige Jirka förmlich noch aus jedem Ritz des Gemäuers heraus spürt. Der kalte und gewalttätige Vater, die demente Großmutter, das ablehnende Schweigen der Schwester... Allein Leander, der Sohn des letzten Verwalters, zeigt ein wenig Nähe. Eine Kindheit, in der zuweilen mehr Liebe von Nichtfamilienmitgliedern wie Verwalter und Saisonarbeitern zu bekommen war. Und obwohl es heiß ist in dem geschilderten Sommer, läuft es einem beim Lesen kalt den Rücken hinunter. Überhaupt kein Wohlfühlbuch - aber das ist ja Gott sei Dank auch nicht der Anspruch von Literatur. Vielleicht kommt ja der Tag, an dem ich mich ein zweites Mal an diesen herausfordernden Roman heranwagen werde.