Farbenprächtige Kuchen im Land der Hutu und Tutsi

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
sabatayn76 Avatar

Von

Hintergrund und Inhalt:

In Kigali, der Hauptstadt und größten Stadt Ruandas, begann im Jahre 1994 der Völkermord an den Tutsi. Im gesamten Land fielen etwa eine Million Menschen in nur 100 Tagen dem Genozid zum Opfer, allein in Kigali wurde die Einwohnerzahl um etwa 100000 dezimiert. Jeder in Kigali hat einen nahestehenden Menschen verloren, kennt Opfer des Völkermords oder ist selbst zum Opfer geworden. Vor dieser scheinbar trostlosen Kulisse agieren Menschen, die trotz zahlreicher Verluste und schwierigen Lebensumständen die Hoffnung, die Lebensfreude und den Optimismus nicht verlieren. Im Zentrum des Romans steht die Kuchenbäckerin Angel, die für jeden Anlass den richtigen Kuchen zubereitet und nebenbei seelischen Beistand für ihre Nachbarn bietet.

 

Mein Eindruck:

Der Roman liest sich flüssig und bietet ein farbenfrohes Portrait Afrikas im Allgemeinen und Ruandas im Speziellen. In die Geschichte von Angel und ihren Nachbarn, zahlreichen erfreulichen Ereignissen wie einer Hochzeit und einer Konfirmation sowie vielfältigsten Kuchenformen und -verzierungen sind geschickt die Tragödien und Probleme des Schwarzen Kontinents eingeflochten. Der Leser erfährt – leider nur sehr oberflächlich – vom Genozid an den Tutsi, von HIV und AIDS, von Straßenkindern und Kindersoldaten, von der Genitalbeschneidung, von der weiblichen Unterwürfigkeit in der Ehe, von der Wertlosigkeit von Frauen und Mädchen. Dies sind wichtige Themen in Afrika, vor denen auch Mitteleuropäer nicht die Augen verschließen sollten. Leider gelingt es Gaile Parkin kaum, diese Inhalte tiefgreifend zu behandeln. Neben all der Lebensfreude und Lebenskraft, der bunten Vielfalt Afrikas und der farbenfrohen Kuchen Angels bleiben die afrikanischen / ruandischen Tragödien eher farblos, oberflächlich und ohne emotionalen Tiefgang.

Das einfache Muster des Romans mit permanenten Wiederholungen des Ablaufs fand ich weder zauberhaft, noch originell oder fesselnd, sondern schlichtweg simpel und vorhersehbar.

Mein Resümee:

Ich interessiere mich sehr für afrikanische Geschichte und Kultur, insbesondere für den Genozid in Ruanda und die HIV- / AIDS-Problematik, jedoch habe ich mich nicht richtig in den Roman einlesen und einfühlen können. Dennoch bietet „Kuchen backen in Kigali“ eine angenehme Leseerfahrung und ist meiner Meinung nach gut geeignet, um sich einen ersten Eindruck von der Lebensfreude einerseits und der Misere Afrikas andererseits zu bilden. Für eine intensivere Beschäftigung mit dem Genozid empfehle ich „Hundert Tage“, für einen umfassenden Einblick in die HIV-Problematik „28 Stories über AIDS in Afrika“.