Die Kindheit vergisst man nie

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Der Thriller „Kuckucksmörder“ von Raimon Weber erschien im November 2014 bei den Ullstein Buchverlagen. In diesem Buch widmet sich der Autor der Idee, das aus einem emotionalen Mangelmilieu in der Kindheit ein kranker Mensch erwächst, der das Töten als Berufung ansieht und glaubt, der Menschheit damit einen Dienst zu erweisen.
Zu Beginn des Buches scheint eine Familie verschwunden zu sein, doch als die Polizistin Eva Flessner davon erfährt und nachforscht findet sie die Familie ihrer Freundin ermordet in deren Haus vor. Dem Familienvater sind die Genitalien entfernt worden, die Bluse der Mutter ist blutgetränkt, auch die Kinder sind tot, scheinen aber auf eine weniger bestialische Weise getötet worden zu sein. Der Mörder scheint ein persönliches Motiv zu haben, das in seiner freudlosen und grausamen Kindheit begründet liegt. Eva Flessner ermittelt trotz schwerer Krankheit und gerät selbst ins Visier des Kuckucksmörders.
Neben der Ermittlerin lernt der Leser auch den Täter detailliert kennen. Bereits am Anfang des Buches wird ersichtlich, um wen es sich bei dem Täter handelt, doch erstaunlicherweise wird die Handlung dadurch nicht weniger spannend. Im Gegenteil: der Autor lässt die Sichtweisen von Eva Flessner und dem Kuckucksmörder parallel laufen und erreicht dabei ein selten dagewesenes Mitfiebern. Dieses Buch machte mir deutlich, dass es nicht immer um die Frage geht wer der Mörder ist, sondern manchmal auch darum wann und was er tut. Dabei erreicht Weber außerdem, dass sich der Leser in der Pflicht sieht zu überprüfen, ob die Beweggründe des Opfers dessen Taten erklären oder vielleicht sogar rechtfertigen. Somit identifiziert man sich nicht direkt mit der Ermittlerin und stempelt den Protagonisten als Täter ab. Vielmehr hinterfragt der Leser, wieviel Täter und wieviel Opfer hinter dieser Figur stecken.
Auch der Schreibstil von Raimon Weber ist ansprechend. Die Seiten lesen sich schnell dahin, es werden keine unnützen Stilblüten dahinformuliert. Sprachlich handelt es sich um 284 ehrliche und bodenständige Seiten mit Unterhaltungswert. Insgesamt empfehle ich dieses Buch definitiv weiter. Es eignet sich dabei vor allem für Leser, die das Gefühl lieben Bücher nicht mehr aus der Hand legen zu wollen, bis sie ausgelesen sind. Allzu blutig werden die Darstellungen auch nicht. Vielmehr kann der Leser das Spiel mit dem „Was wäre wenn“-Nervenkitzel genießen. Die Geschichte des Buches ist für mich innovativ und ich hoffe darauf, dass es weitere Bände geben wird.