schwieriges Thema gut verpackt

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„Der Kuckucksmörder“ ist ein Thriller von Raimon Weber, erschienen November 2014 beim Ullsteinverlag

Das Buch greift das Thema Häusliche Gewalt und deren Auswirkungen auf die betroffenen Personen auf. Es beschreibt im Kern der Erzählung, wie sehr Menschen andere Menschen unterdrücken können und daran wohl auch Genugtuung empfinden. Es beschreibt, wie sehr Menschen gedemütigt, misshandelt und tyrannisiert werden können und vor allem zeigt es auf, was es für Folgen für traumatisierte Kinder haben kann. Was sich aus so traumatisierten Kinder für erwachsene Menschen entwickeln können. Erwachsene, die es sich zur Aufgabe machen, solche Väter zur Rechenschaft zu ziehen. Aber nicht so wie es die Justiz tut, sondern als guter Rächer der keine Gnade kennt.

Falk Stucke wurde in seiner Kindheit traumatisiert. Sein Vater, ein gewollter Geschäftsmann, tyrannisierte, prügelte, unterdrückte und demütigte seine Ehefrau, Falks Mutter. Falk konnte als Kind nicht eingreifen, weil der Vater drohte, die Mutter dann gleich zu töten. Er wußte, dass sein Vater dazu in der Lage war. Falks Vater wurde sein erstes Opfer. Mit Anfang 20 bot sich die Gelegenheit. Der alkoholisierte Vater an der Kellertreppe, ein kleiner Schupser und die Tyrannei war vorbei. Die Mutter konnte die neu erhaltene Freiheit nur zwei Jahre nutzen, dann starb sie an Krebs. Falk wurde Kaufhausdetektiv. Er beobachtet seine Umgebung sehr genau. Kleinere Ladendiebe ließ er meist unbeachtet. Seine Aufmerksamkeit zielte auf Männer, welche Frauen und Mädchen bespannten. Männer, die ihre Ehefrauen offenbar im Griff hatten. Fiel ihm ein solcher Hausherr auf, wurde die Familie genauer ins Visier genommen. Falk Stucke analysierte das Verhalten der treuen Familienväter und bestätigte sich sein Verdacht, gab es nur eine Möglichkeit. Er musste die Familie vom Tyrannen befreien und gleichzeitig selbst als neuer Vater einspringen.

Am Stadtrand von Dortmund wurde eine Familie ausgelöscht. Eva Flessner, Verkehrspolizistin aus Dortmund, findet die Leichen ihrer Freundin Petra Wiese, deren Kinder Hannah und Sebastian und deren Mann Robert. Die Mutter erstochen, die Kinder vergiftet und der Mann erst gefoltert, kastriert und ebenfalls ermordet. Im Zuge der Ermittlungen stellt sich heraus, dass Robert Wiese keinesfalls der liebende Ehemann und Vater gewesen ist. Er war ein eher skrupelloser Immobilienmakler, der seine Frau prügelte. Eva Flessner bricht beim Anblick der toten Familie zusammen und schwört, den Täter zu finden. Weil sie nicht dem Morddezernat angehört, muss sie Ermittlungen auf eigene Faust anstellen. Was sie zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß, dass sich Falk Stucke bereits eine weitere Familie ausgesucht und sich in deren Leben als „neuer treu liebender Vater“ hinein gedrängt hat. Er löscht nicht einfach eine Familie aus, dass passiert nur, wenn die Frauen auf seine Hilfe nicht so reagieren, wie er das will. Wenn die Frauen nicht erkennen, dass er ein viel besserer Vater ist und sich um die Familie kümmert, wie es seien soll.

Der Thriller ist sachlich, distanziert, treffend formuliert. Er gibt tiefe Einblicke in die Psyche des Serienkillers, der sich selbst überhaupt nicht als solcher sieht. Man versteht was er will und weiß doch gleichzeitig wie falsch das Handeln ist. Eine Zwickmühle zwischen Gerechtigkeit für Opfer von häuslicher Gewalt und bestialischen Bestrafung der Familienväter. Es ist ein packender Roman der sich flüssig und schlüssig liest. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, was ich vom Ende des Buches halten soll. Das letzte Kapitel liest sich im Vergleich den vorherigen sehr knapp. Mir fehlen ein paar Zeilen zur Verkehrspolizistin und ihren Zusammenbruch am Ende. Man fällt praktisch mit ihr in ein tiefes schwarzes Loch und wacht im Krankenhaus wieder auf. Das gesamte Buch über begleitet man Falk Stucke und in dem Moment, als er erkennt, dass ihm nur noch die Flucht bleibt, gehen die Lichter aus.

Der Autor läßt sich offensichtlich ein Hintertürchen offen, was nicht unbedingt einen guten Abschluß bildet.