Ein Buch, das mich sehr berührt hat

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
januar12 Avatar

Von

"Nicht das Leben an sich ist schön, Julie, wir sind es, die es schön oder weniger schön finden. Suchen Sie nicht nach dem perfekten Glück, sondern nach den vielen kleinen Freuden des Lebens und reihen Sie sie aneinander. Denn sie sind es, die uns Menschen helfen durchzuhalten und in Zeiten des Unglücks immer wieder neuen Lebensmut zu schöpfen." (S. 271)

Erst einmal vorweg: In dem Buch steckt mehr drin, als es anfangs schien.
Ich hatte ein Romanze erwartet, ein Buch, dass zwar spannend sein würde, aber auch heiter und fröhlich. Doch es hat mich überrascht, bewegt und mitgerissen. Es hat mir die Tränen in die Augen getrieben und mich berührt.

Julie ist erst zwanzig Jahre alt und Mutter des dreijährigen Lulu. Sie ist alleinerziehend, auf sich allein gestellt bei der Erziehung und beim Verdienen des notwendigen Geldes. Sie arbeitet an einer Supermarktkasse und hat nicht nur beschwerliche Arbeitszeiten, oft unfreundliche Kunden, sondern auch einen ziemlich miesen Chef. An einem Tag, als ihr auch noch 50 Euro von einer Kollegin aus der Kasse gestohlen werden, trifft sie auf Paul. Paul ist schon Anfang 60, ihn hat seine zweite Frau nach 30 Ehejahren verlassen.
Doch Paul sieht Julies Verwzeiflung. Einem kurzen Gespräch folgt eine Essenseinladung. Und da die beiden sich gleich auf Anhieb gut verstehen, läd Paul Julie und ihren Sohn auch gleich zu einem Herbsturlaub in die Bretagne ein, denn er glaubt, dass Julie seinen 33jährigen Sohn aus seiner Lethargie und seinem Loch, in das er vor lauter Kummer gefallen ist, herausholen kann.

Die vier verbringen zwei wunderbare Wochen zusammen. Doch auf der Rückfahrt bricht das Unglück über sie herein.

Agnes Ledig hat einen wunderbaren lebendigen Schreibstil. Wir bekommen aus Sicht jedes Hauptprotagonisten seine Gefühle, Erfahrungen und Gedanken mit. Sie wechselt die Sichtweisen, ohne dass der Lesefluß gestört wird. Schon der Anfang ist wunderbar geschrieben, doch spätestens ab dem Unglück kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, so nahe geht einem die Geschichte, so fiebert man mit und leidet man mit. Dennoch gibt das Buch eine positive Grundstimmung aus, es ist trotz aller Tragik nicht düster, sondern im Gegenteil, es gibt Mut - Mut weiterzumachen.
Und das ist etwas ganz besonders. Die Autorin verwebt viele Zitate und Sprüche, legt sie ihren Protagonisten immer so passend in den Mund, dass es auch nicht aufgesetzt wirkt. Überhaupt, ihre Figuren sind beim Lesen lebendig geworden, ich konnte mitfühlen und sie regelrecht vor mir sehen.

"Kurz bevor das Glück beginnt" ist kein einfaches Buch, keine Liebesschnulze, es ist ein Buch, mit dem die Autorin auch eigene, schmerzliche Erfahrungen verarbeitet hat und das merkt man der Geschichte an.
Die Autorin hat alles wunderbar anrührend, aber auch authentisch beschrieben. Es hat mich als Leser sehr gerührt und mir die Tränen in die Augen getrieben.