Strafe oder Chance?

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Salpêtrière in Paris um 1720. Die Kolonien in der neuen Welt haben um Frauen gebeten. Die letzte Lieferung war aber nicht genehm, zu viele ungebildete Frauen ohne Anstand. Diesmal sollen es welche sein, die sich als Ehefrau eignen. Marguerite, die die Einrichtung seit über fünfzig Jahren leitet, tut sich schwer, diese Frauen auszuwählen. So werden alle Frauen gesandt, die nirgendwo sonst hineinpassen, die krank sind oder einfach keinen Ort kennen, an den sie gehen könnten. Die zwölfjährige Charlotte soll nicht dabei sein, die hat Marguerite aufwachsen sehen, die aber will selbst fort.
Es war das Cover, das mich angelockt hat, auch wenn ich dahinter ehrlicherweise keinen historischen Roman erwartet habe. Die Schreibe der Autorin ist sehr einnehmend, allumfassend und detailreich. Es werden Umgebung wie Gedankengänge sehr lebendig. Marguerite will eigentlich niemandem schaden, auch wenn es einige Namen auf ihrer Liste gibt, die sie gern loswerden würde. Aber die Auswahlkriterien sind auch sehr streng, sie kann nicht wahllos sein. Zwar müssen die Frauen noch zustimmen, denn es soll alles freiwillig ablaufen, doch die Alternative in Salpêtrière besteht aus kleinen Zellen, Ketten und Rattenbissen. Darum ist zu diesem Zeitpunkt auch nicht klar, ob es tatsächlich eine Art Strafe ist, oder ob es für viele Frauen, besonders die Ärmsten der Armen, nicht auch eine neue Chance etwas im eigenen Leben zu verändern, sein könnte. Ja, das Leben wird hart und gefährlich, aber das ist auch bereits hier in Paris. Wenn das "feministisch" nicht arg in die falsche Richtung läuft, kann dies ein wahrer Pageturner werden.