Spotlight auf eine dunkle Ecke der Siedlungsgeschichte

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aischa Avatar

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Der aktuelle historische Roman von Julia Malye basiert auf einer faszinierenden und wenig bekannten Episode Anfang des 18. Jahrhunderts: der Entsendung von Frauen aus dem Pariser Asyl La Salpêtrière in die französische Kolonie Louisiana. Malye erzählt die Geschichte dreier Protagonistinnen – Charlotte, Pétronille und Geneviève – die gezwungen sind, sich in einem völlig fremden Land neuen Herausforderungen zu stellen.

Die Autorin beschreibt eindrucksvoll die Härten und Entbehrungen, die diese Frauen ertragen müssen, sowohl auf der gefährlichen Reise als auch bei ihrer Ankunft in der Wildnis Louisianas. Besonders gelungen ist ihre Darstellung der Komplexität weiblicher Beziehungen und die Entwicklung der Protagonistinnen von völlig unterschiedlichen Hintergründen hin zu einer Gemeinschaft, die durch geteiltes Leid und Hoffnung verbunden ist. Die verschiedenen Facetten von Mutterschaft, Freundschaft und Überlebenskampf stehen im Mittelpunkt, wobei Malye immer wieder betont, wie unvorbereitet diese Frauen auf das raue Leben in der Kolonie waren. Die authentische Atmosphäre des Romans und die unzähligen historischen Details haben mich förmlich in die Zeit des frühen Kolonialismus eintauchen lassen. Allerdings wirkte die Handlung durch die Überfülle an historischen Informationen streckenweise etwas überladen, und es war nicht immer leicht, sich ohne Personenregister in der Vielzahl an Figuren zurecht zu finden.

​Äußerst bemerkenswert ist, dass Julia Malye "La Louisiana" sowohl auf Englisch als auch auf Französisch selbst geschrieben hat, ohne eine Übersetzung zu beauftragen. Dies ist eine relativ seltene Praxis unter Autor*innen und zeigt Malyes außergewöhnliche Sprachbeherrschung sowie ihr tiefes Verständnis beider Kulturen. Der Grund dafür liegt wahrscheinlich in ihrem persönlichen Hintergrund: Malye hat sowohl in Frankreich als auch in englischsprachigen Ländern gelebt und gearbeitet, was ihr eine einzigartige Perspektive auf beide Sprachwelten ermöglicht. Durch das eigenhändige Schreiben in beiden Sprachen kann sie sicherstellen, dass der Text in beiden Fassungen seine ursprüngliche Nuance und den beabsichtigten Tonfall behält, was bei Übersetzungen oft verloren gehen kann. Die deutsche Ausgabe wurde übrigens aus dem Französischen übertragen.

"La Louisiana" ist eine fesselnde Mischung aus Abenteuer-, Historien- und Gesellschaftsroman, die das Schicksal und den Überlebenskampf starker Frauen aus einer vergessenen Ecke der Geschichte ins Spotlight rückt.