Ungewöhnlich

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Ich lese gerne historische Romane und war sehr gespannt, wie die Autorin das Thema der Verschiffung von Frauen aus der Pariser Salpétrière im frühen 18. Jahrhundert zur Bevölkerung einer französischen Kolonie umgesetzt hat – so interessant der Plot war, so sehr habe ich an vielen Stellen aber mit der Umsetzung gehadert.
90 Frauen sollen im Jahr 1929 nach La Louisiane verschifft werden, da die Bevölkerung dort durch Krieg und Krankheiten stark geschrumpft ist – die umgesiedelten Frauen sollen sie nun stärken. Während es im ersten Teil noch um die Auswahl der Frauen geht, begleitet man als Leser dann im wesentlichen drei Frauen auf der Überfahrt und dem Leben in der neuen Heimat.
Erzählt wird die Geschichte aus verschiedeneren Perspektiven. Anfangs ist es die Vorsteherin, die sich Gedanken zur Auswahl der Frauen macht, auf der Reise sind es dann die junge Waise Charlotte, die durch ein großes Gesichtsmal entstellte Adlige Pétronille und die Engelmacherin Genevièwe – sie erzählen, was sie sehen, fühlen und erleben. Dabei ist der Schreibstil sehr besonders: Er passt gut zur damaligen Zeit und vermittelt eine ganz eigene Atmosphäre. Es gibt aber auch viele Beschreibungen, von der Landschaft, der Umgebung, von Flora und Fauna; dabei bedient sich die Autorin schöner Bilder, neigt aber auch zu ausschweifenden Darstelllungen – das macht das Lesen oft mühsam, insbesondere da der Schwerpunkt wenig auf dem Geschehen liegt. Obwohl die drei genannten aus ihrer Sicht erzählen, blieben sie mir lange fremd – das liegt sicher an der Vielzahl von Charakteren, die in der Geschichte auftauchen, aber auch an den langen Schilderungen und Beschreibungen. Die Charaktere sind schon gut gestaltet, trotzdem fühlte ich mich als Leser immer etwas außen vor.
In der zweiten Hälfte kommt dann doch etwas mehr Handlung in den Vordergrund – und es sind viele Themen, die die Autorin in diesen Roman packt. Es geht um Krankheit und Tod, um ungewollte, aber auch gewollte Schwangerschaften, um romantische Liebe, Gewalt in der Ehe und auch um eine lesbische Liebe. Man bekommt Einblicke in das damalige Leben, in die Umstände und Zwänge in der Kolonie – trotzdem ist der Fokus der Geschichte weniger die Handlung als denn die Gedanken und Beschreibungen in einer wirklich schönen, aber auch anstrengend zu lesenden Sprache.
Wer also einen historischen Roman mit vielen Abenteuern, einem stringent verfolgten Plot und viel Aktion erwartet, der wird enttäuscht sein; denn man bekommt zwar Einblicke in die damalige Zeit, aber auch viele ausschweifende Beschreibungen in blumiger und schöner, aber anstrengend zu lesender Sprache.

Mein Fazit
Die Verschiffung von Frauen aus der Pariser Salpétrière in eine französische Kolonie im 18. Jahrhundert – darum geht es in diesem Roman. Die Autorin bedient sich dabei vieler Beschreibungen mit einer blumigen und ausschweifenden Sprache – die Handlung tritt deutlich in den Hintergrund; das sollte man wissen, wenn man zu diesem Roman greift, der wirklich besonders ist durch seine Schreibweise, aber auch anstrengend und anspruchsvoll beim Lesen.