Allianz der Frauen

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owenmeany Avatar

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Die vorliegende Romanbiografie bedient gleichermaßen zwei Interessen: einmal in der historischen Dimension und dann als Psychogramm einer bemerkenswerten Frau vor den Herausforderungen ihrer Zeit.

Die beschriebene Epoche von 1908 bis 1945 beinhaltet die beiden Weltkriege, in deren Verlauf sich das Staatengefüge herausbildete, so wie wir es heute erleben. Werden die Abläufe auch chronologisch dargestellt, ist es doch von Vorteil, schon über einen ungefähren Überblick zu verfügen, denn Benedict bietet uns hier einen sehr subjektiven Blick hinter die Kulissen an, große Ereignisse häufig erst retrospektiv. Aufgrund des außerordentlichen Gewichts aller Geschehnisse schadet es aber gerade informierten Lesern nicht, diese noch einmal gebrochen durch dieses Prisma zu betrachten. Persönliche Interaktionen erfasse ich leichter als nüchterne Jahreszahlen und die trockene Auflistung politischer Entscheidungen. Deshalb ist mir hier z.B. bezüglich des Euroskeptizismus der Briten, den unter anderem de Gaulle zu verantworten hat, und der engen, aber immer heiklen Beziehung zu den USA ein Kronleuchter aufgegangen. Dass Benedict dicht an den gut recherchierten Quellen bleibt, kann man durch Lektüre von Fachliteratur verifizieren.

Dies alles bettet die Autorin ein in die Lebensgeschichte von Clementine Churchill geborene Hozier, der eine solche Position nicht in die Wiege gelegt wurde, die sich aber wohl in der Auseinandersetzung mit ihrer problematischen Herkunftsfamilie und bestimmt auch durch positive Veranlagung ihre Durchsetzungskraft erwarb.

Mit der Ich-Perspektive ist es so eine Sache in der Literatur: sie laviert immer zwischen Glaubwürdigkeit und Sympathie. Da lese ich manche Passagen mit einiger Verlegenheit wie eine Heiratsannonce („Meine mandelförmigen Augen und das Profil, das oft als klassisch oder gut geschnitten bezeichnet wird …“) Zuweilen erscheint mir die Protagonistin schier egozentrisch und larmoyant, aber ich denke, so war einfach die Realität. Clementine Churchill war keine geborene Gluckenmutter und kein Hausmütterchen, und in mancherlei Hinsicht musste sie das später auch bitterlich büßen.

Zu wahrer Größe schwang sie sich durch die Herausforderungen des Kriegs auf und konnte so ihren großen Gatten unterstützen mit ihren diplomatischen Talenten und indem sie die Beziehung zu Eleanor Roosevelt knüpfte.

All diese hochinteressanten Details las ich mit zunehmender Spannung, denn sie eröffneten mir ganz neue Blickwinkel auf die geschichtlichen Umstände und die Chancen und Schwierigkeiten einer Frau in herausragender Stellung.