Back to Bullerbü oder Wenn der Eismann dreimal klingelt

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laleli Avatar

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Was wird aus den Kindern von Bullerbü, wenn sie groß sind?
Sie werden Mütter, Bedienungen in Rockerkneipen und Computer-Programmiererinnen. Sie bekommen ein Familien-Burn-out, Silikonbrüste oder auch eine Psychose wegen ungewollter Kinderlosigkeit.
So geht es Lena, Marie und Asa, den drei Schwestern vom Bauernhof also: Lena ist überlastet und ausgebrannt durch ihre vier Kinder, die Hausarbeit und den Job im Supermarkt und wird von ihrem nur wenig mitfühlenden Ehemann kaum unterstützt. Als dann noch ihr Vater stirbt und ihre Mutter alleine auf dem Hof in eine Krise gerät, verzweifelt Lena völlig an ihrem Leben und brennt in einer Kurzschlusshandlung einfach mit dem Eismann durch. Was weniger banal ist, als es sich anhört: Der ist geschieden und mittlerweile gewissenhafter Teilzeitvater und verliebt sich in die völlig erschöpfte und orientierungslose Lena. Pflegt sie rührend, lässt sie sich tagelang ausschlafen, bis die Erschöpfung schwindet, und macht sich Hoffnungen, als Lena aus Dankbarkeit dann doch mit ihm im Bett landet.




In der Krise hält die Familie zusammen: Marie, die Rockerbraut, diejenige, die am wenigsten mit dem Landleben, dem Melken und Ausmisten und dem Besamen der Kühe nach „Brunstkalendern“ (so auch der schwedische Originaltitel des Buches), zu tun haben möchte, muss ihrer Mutter auf dem Hof zur Hilfe eilen.

Asa, die kinderlose und wohlhabende Computerexpertin , deren Wunsch nach dem eigenen Baby schon fast zur Obsession geworden ist und die mit ihrem Freund Adam auch einen „Brunstkalender“ führt und nur dann mit ihm schläft, wenn der Eisprung naht, muss bei Robert, Lenas Mann und den vier Kindern aushelfen. Gerne und gut spielt sie die Hausfrauen- und Mutterrolle, bis sie eines Nachts, nach etlichen Flaschen Rotwein dem Schwager auf dem Wohnzimmerteppich viel zu nahe kommt.

Inzwischen hat Lena ihren Eismann verlassen und denkt in einem angemieteten Zimmer fern der Familie über ihre Zukunft nach. Sie möchte mit Mann und Kindern wieder auf dem elterlichen Hof wohnen und ein Cateringunternehmen mit Biokost eröffnen.

Auch Marie will dem Stadtleben den Rücken kehren und wieder bei ihrer Mutter leben, um dort ein jährliches Rockevent auf dem Lande zu organisieren.

Weihnachten naht, die Töchter versammeln sich auf dem Hof und sogar Lena kehrt zu ihrer Familie zurück. Doch bevor Feiertagsfrieden zu kitschig wird, platzt die Nachricht von Asas Schwangerschaft in die Idylle: Sie muss ihrem Mann und ihrer Schwester gestehen, dass das so sehr ersehnte Kind vielleicht die Frucht der Eskapade auf dem Teppich ist.


Daraufhin droht die Familie erneut zu zerbrechen, aber die betrogene Betrügerin Lena wächst über sich hinaus, überwindet alle Eifersucht zugunsten der schwesterlichen Solidarität und familiären Harmonie. Die Hoffnung auf einen gemeinsamen Neuanfang auf dem elterlichen Hof bleibt.


Das Buch, das in Schweden ein großer Erfolg war, überzeugt mit recht gelungenen Schilderungen von Menschen und Empfindungen. Kontrastreich sind die Lebensentwürfe der drei Schwestern, ihre Stärken und Verfehlungen angelegt. Und dass das Gute, der Familienzusammenhalt und das Glück am Ende siegt, kann in der Vorweihnachtszeit doch nicht ganz schlecht sein. Zumal der Kitsch glücklicherweise an keiner Stelle die Oberhand gewinnt, auch wenn der deutsche Titel und die Umschlaggestaltung (mit der der Verlag dem Buch keinesfalls einen Gefallen getan hat) anderes vermuten lässt.

Ich habe die „Brunstkalender“ in einem Rutsch durchgelesen und fühlte mich von dieser Mischung aus skandinavischen "Wahlverwandtschaften" und Woody Allen der schwedischen Provinz durchaus gut unterhalten, gerührt und erbaut!