Beim Laufen loslassen - eine Geschichte über Verlust, Trauer und Lebensmut

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leseclau Avatar

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Nach einem herben Verlust entscheidet sich die anonyme Protagonistin, wieder mit dem Laufen anzufangen. Eigentlich möchte sie damit nur ihre Schmerzen betäuben. Doch während des Laufens kommen einem sehr viele Gedanken. Und Schritt für Schritt laufen wir mit durch ihre Gedankenwelt.

Eindrucksvoll werden Erinnerungen an das gemeinsame Zusammensein, Wut über das Verlassensein und Momente der Einsamkeit beschrieben. Dazwischen blitzen immer wieder Beobachtungen über das hier und jetzt durch, die zunehmend mehr werden.

Eingeengt und vollumschlossen wie in einem Friesennerz fühlt sich Trauer für sie an. Sie traut sich langsam an den Gedanken heran, den Friesennerz abzulegen. Und bei diesem Öffnen erfahren wir auch, dass in der Beziehung nicht alles perfekt war. Eine Depression lag schon lange wie ein Schatten über dem Partner und somit auch ihr selbst.

Besonders eindrücklich beschrieben hat Isabel Bogdan die Momente der Wut auf den gegangenen Partner und sich selbst. Berührt haben mich aber die klitzekleinen Glücksmomente, wie der, als die Läuferin während des Alsterlaufs erlebt, wie viel ihr die Freunde auf ihrem Weg durch die Trauer weiterhelfen, auch wenn es „nur“ gereichte Apfelschnitze sind.

Interessant fand ich im letzten Kapitel die Änderung der Bezeichnung des Partners. Wurde er anfangs mit „Du“ angesprochen, war es nun ein „Er“. Das war gefühlt noch ein wesentlicher Schritt zum Ablegen des Friesennerzes.

Obwohl mir sehr viel gefallen hat an diesem Büchlein, hat es mich nicht richtig gefesselt. Ich weiß nicht, ob es an der Anonymität der Protagonistin lag oder letztendlich doch der Einseitigkeit der Erzählung. Mir ging es beim „Pfau“ tatsächlich ähnlich, dass ich dachte, für ein Buch reicht die Geschichte bzw. die Erzählart nicht ganz.

Überraschend für mich war, dass ich während des Lesens die ganze Zeit die Stimme von Margarita Broich im Ohr hatte, die diesen Monolog sicher super umsetzen könnte.

Toll finde ich die Aufmachung des Buches. Eine liebevolle grafische Gestaltung und endlich mal wieder ein Lesebändchen!