Eine Frau läuft gegen den Verlust

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dany_87 Avatar

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In dem Roman "Laufen" von Isabel Bogdan begleiten wir auf rund 200 Seiten die Ich-Erzählerin dieser Geschichte, eine "mittelalte, mittelfitte und mittelgutaussehende" Frau, für ein Jahr lang beim Laufen und tauchen dabei tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt ein.

Unsere Protagonistin wird nach einem erschütternden Ereignis aus der Bahn geworfen und versucht sich ein Jahr nach diesem Ereignis durch das Laufen aus ihren Grübeleien, ihrer Trauer und der Letagie wieder freizulaufen. Durch all die Gedanken, die der Erzählerin beim Laufen durch den Kopf schwirren, erfahren wir viel von der Zeit vor dem Ereignis, aber auch viel darüber, wie sie damit umgeht, wie Freunde und Verwandte sie behandeln und was ihr Kraft gibt und Freude bereitet. Natürlich dreht sich auch viel um die körperliche Verfassung während des Laufens und die Umgebung, sowie den Menschen, denen sie beim laufen begegenet.

Durch all diese Gedankengänge erhält man eine bunte, abwechslungsreiche Mischung an Eindrücken. Teilweise zusammenhanglos, teilweise konfus, aber doch immer so, dass man den Gedanken gut folgen kann und sich sehr gut in die Ich-Erzählerin hineinversetzen kann.
Bemerkenswert fande ich die Stimmung, die das Buch bei mir hinterlassen hat. Zunächst war ich selbst traurig und mir tat die Protagonistin leid und ich konnte mich so gut in ihren Schmerz, aber auch in die Wut hineinversetzen. Und im Laufe der Geschichte nahmen die positiven Aspekte des Lebens mehr an Bedeutung zu und das Buch hat auch eine ganz andere Stimmung vermittelt.

Die Wandlung der Erzählerin erkennt man im Verlauf des Buches auch daran, dass sie zunächst oft von "dir / du" spricht und später nur noch von "ihm / er". Sie baut eine Distanz auf und gleichzeitig findet sie dabei wieder mehr zu sich selbst.

Der Schreibstil ist trotz der teilweise wirren und springenden Gedanken gut und verständlich. Ich mochte die teilweise bildhaften Vergleiche und die absolut treffenden Gefühlsbeschreibungen, die die ganze Geschichte sehr glaubhaft gemacht haben und fast den Eindruck hinterlassen, als würde es sich um eine autobiographische Geschichte handeln. Gerade bei diesem schwierigen Thema der Trauerbewältigung sehr gelungen.
Die musikalische Komponente fand ich spannend und in einem angemessenen Rahmen gehalten. Insgesamt ein wirklich gelungenes Buch, welches ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann und auch vom Cover sehr ansprechend gestaltet wurde.