Zurück ins Leben

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filzblume Avatar

Von

Laufen Isabel Bogdan
KiWI Verlag 2019
Klappentext:

Eine Frau läuft. Schnell wird klar, dass es nicht nur um ein gesünderes oder gar leichteres Leben geht. Durch ihre Augen und ihre mäandernden Gedanken erfährt der Leser nach und nach, warum das Laufen ein existenzielles Bedürfnis für sie ist. Wie wird man mit einem Verlust fertig? Welche Rolle spielen Freunde und Familie? Welche Rolle spielt die Zeit? Und der Beruf? Schritt für Schritt erobert sich die Erzählerin die Souveränität über ihr Leben zurück. Isabel Bogdan beschreibt mit großem Einfühlungsvermögen und einem ganz anderen Ton den Weg einer Frau, die nach langer Zeit der Trauer wieder Mut fasst und ihren Lebenshunger und Humor zurückgewinnt.

Der Roman beginnt mit dem Kapitel „Ich kann nicht mehr“ Die Ich Erzählerin läuft, ihre Beine sind wie Sandsäcke, dabei ist sie gerade erst losgelaufen. Sie denkt ans Umkehren, Aufgeben, dabei fallen ihr alle möglichen Gründe ein, warum sie weiterlaufen oder aufgeben soll. Sie hadert, sie möchte gerne wieder laufen, das hatte sie früher schon getan, vor dem Tod ihres Partners. Sie atmet unregelmäßig –„Ein-ein aus aus aus aus, ich muss langsamer laufen…“
Während die Ich-Erzählerin läuft, lässt sie den Leser an ihren Gedanken, Alltag und Erlebnissen teilhaben. Die Bratsche spielende Läuferin, die in einem kleinen Orchester spielt, versucht mit Hilfe ihrer Freundin Rike und ihrer Familie und der Psychologin Frau Moll ihr Leben in den Griff zu bekommen, nach dem Tod ihres Freundes.
Mit Fingerspitzengefühl und großem Einfühlungsvermögen gelingt es der Autorin den Leser zu fesseln – Spannung und Anteilnahme am Schicksal der Protagonistin lässt den Leser tief in die menschliche Seele blicken, auch anhand der Nebenfiguren.
Der Schauplatz des Romans ist Hamburg. Durch das Laufen, wird in physischer und psychischer Hinsicht die Romanfigur entwickelt. Der Leser findet sich schnell in die Gedanken der Protagonistin ein, teilt ihren Schmerz und ihre Freude.

„…ich laufe mir die Grübelei weg, andere Leute laufen angeblich, weil sie dabei gut nachdenken können, ich kann an gar nichts denken, als an meinen Körper, ob er funktioniert, wie er funktioniert, wie das Laufen sich anfühlt…“

Was mir an dem Roman so gefallen hat, wie Isabel Bogdan das Thema einer Krankheit, die immer noch tabuisiert wird, einzubauen. Das Buch liest sich sehr flüssig, gerade deshalb, weil die Sätze durch viele Kommata wie Abschnitte auf den Lesenden wirken und die Charaktere nicht besser sein könnten.
„Da heißt es jeder hätte sein Päckchen zu tragen, aber wie trägt man Verluste? Ich trage keine Päckchen sondern Löcher, meine Päckchen sind Dinge ….“

Klare Leseempfehlung für diesen außergewöhnlichen und sensiblen Roman über das Leben einer Frau, die einen Ausweg sucht und über sich hinaus wächst.