Neuseeland, Angststörungen und Pottwale

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bücherliebe<3 Avatar

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Emmi leidet nach einem länger zurückliegenden Autounfall immer noch unter Panikattacken und Angstgefühlen. Diese schränken sie in ihrem Alltag und Leben stark ein. Sie wagt den mutigen Schritt, den Sommer an der Küste Neuseelands zu verbringen und dort beim Whalewatching ihr großes Wissen und ihre Leidenschaft für Pottwale bei Bootstouren zu teilen. Sie kommt in einer befreundeten Familie unter, die sie noch aus der gemeinsamen Kindheit in Hamburg kennt. Zwischen deren Sohn Valentin und Emmi ist vom ersten Moment an eine besondere Energie und sie kommen sich näher. Valentin akzeptiert als Einziger nicht, dass Emmi sich von ihren Ängsten bestimmen lässt. Er fordert sie heraus, Stück für Stück über ihre Grenzen zu gehen und Teile ihrer Angst zu überwinden.
Neuseeland als Setting ist toll. Meer, Berge und Vegetation werden gut beschrieben und in die Geschichte eingebunden. Es fällt einem als Leser leicht, in die Kulisse einzutauchen und sich dort wohlzufühlen.
Recht schnell begegnet man als Leser neben Emmi auch den Figuren Valentin, seiner Schwester Ida, deren Freunden Michael und Cathy und Emmis Zwillingsschwester Lu. Alle sind sie Figuren mit individuellem Charakter. Ihnen fehlt jedoch der Tiefgang, sie werden gegenüber dem Leser auf ein oder zwei Hauptmerkmale reduziert. Das ist auch irgendwie okay, da es sich nur um Nebencharaktere handelt. Dennoch hätte sich hier die Chance ergeben, ein paar Nebenerzählstränge aufzumachen, die die ganze Geschichte bereichert und interessanter gemacht hätten. Von Valentin erfährt man als Leser durch die Augen der Protagonistin Emmi nach und nach mehr und lernt ihn besser kennen.
Meine Probleme hatte ich mit Emmi selbst. Zwar ist man als Leser mit ihrer Gedankenwelt vertraut, diese kreist aber für meinen Geschmack sehr repetitiv um zwei Themenfelder: Die Panikstörung und ihre Auswirkungen auf Emmis Alltag (okay, ist ja auch mit Hauptthema des Buchs, ging mir durch die ständige, teils überbordende, Präsenz aber irgendwann auf die Nerven) und die teeniehaft kreisende Frage, ob das mit Valentin denn nun etwas werden kann oder nicht (ja, auch das irgendwie zu erwarten, aber für mein Empfinden zu dick aufgetragen und das ständige Hin und Her zog sich zwischenzeitlich etwas). Ich möchte an dieser Stelle gar nicht das Thema der psychischen Last kleinreden oder negieren, dass in einer solchen Situation eine starke und belastende Dominanz der Probleme auftritt. Aber für einen Unterhaltungsroman fand ich es auf diese Weise unglücklich eingebunden. Und wenn man ehrlich ist, findet eine tiefgehendere Auseinandersetzung mit diesen Themen auch gar nicht statt, alles verbleibt auf einer oberflächlichen Ebene. So musste ich leider feststellen, dass ich mich über die Seiten hinweg als Leser immer mehr von Emmi entfernte, anstatt mit ihr mitzufühlen.
Obwohl die Geschichte stets Handlung aufweist, erwischte ich mich mehrfach dabei, eigentlich keine Lust zum Weiterlesen zu haben. Der sich sonst häufig einstellende Effekt, das Buch nicht mehr aus der Hand legen zu können, blieb aus. Hierzu trugen wohl die zu wenig einnehmenden Charaktere ebenso bei wie die teils vorhandenen Längen in der Geschichte.
Alles in allem hatte ich mir eine locker-leichtere Lovestory bzw. Sommerromanze in traumhafter Kulisse mit witzigen Wortgefechten, mitreißenden Emotionen, Auseinandersetzungen und Versöhnungen erhofft. Leider wurden meine Erwartungen diesbezüglich nicht ganz erfüllt, das Thema Panikstörung war mir zu präsent und tatsächlich hätte ich mir gewünscht, aus den Pottwalen wäre noch etwas mehr gemacht worden. ;) Dennoch kein schlechtes Buch, vielleicht war ich einfach nicht der richtige Leser. Ich hoffe, anderen gefällt es besser. Und am Ende verbleibt auf jeden Fall das wunderschöne Cover im Regal.