Wie es uns in ein paar Jahren gehen könnte....

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januar12 Avatar

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Zukunftsszenario in ein paar Jahren. Julie Zeh skizziert ein Deutschland, dass sich vollkommen gewandelt hat. Nach Frexit, Free Flandern und Katalonien First! regiert in Deutschland die BBB, die Besorgte Bürgerbewegung. Die Bürger würden -hätten sie eine Wahl- sich eher für eine Waschmaschine statt für das Wahlrecht entscheiden. Wählen geht ja sowieso kaum noch einer. Dafür sind die Städte wieder sauber , die Menschen treiben wieder Sport und die Kinder spielen mit Mega-Melanie und Mega-Martin in der Mega-Mall Amokspiele. Heile Welt ? Keiner traut seinem Nächsten, trotz gesichtertem Grundeinkommen Misstrauen und Ängste.
Britta ist veheiratet, sie hat eine Tochter. Doch noch nicht mal ihre Familie ahnt, was sich hinter ihrer Firma "Die Brücke" verbirgt. Offiziel beraten sie und ihr Kollege Babak suizidgefährdete Menschen. Doch sie führen sie nicht nur ins Leben zurück, sondern nutzen diejenigen, die sich wirklich das Leben nehmen wollen, um sie an Organisationen weiter zu vermitteln, die mit dem Tod der Menschen Aufmerksamkeit erregen wollen. Ein bestellter Amokläufer - mit "minimalen Opferschäden". Eigentlich sind es Britta und Babak, die ein Monopol auf diesem Gebiet entwickelt haben. Doch als in Leipzig ein Anschlag geschieht, fängt alles an aus dem Ruder zu laufen.

Der Schreibstil von Julie Zeh hat mir gefallen. Sie kann lebendig erzählen, weiß die Worte zu wählen, kann damit ein gutes Szenario aufbauen. Man kann sich zwar nicht vorstellen, dass sich die Welt so schnell verändern wird - aber warum sollte man nicht versuchen, es sich vorzustellen. Alleine um abzuschrecken. Der drohende Zeigefinger ist in diesem Roman nicht zu übersehen.
Es gibt allerdings kein richtiges "Gut" bei den Personen, die agieren. Keiner, mit dem man sich identifizieren kann. Irgendwie sind alle erschreckend. Mal mehr, mal weniger. Gefühle fehlen. Gewollt oder ungewollt.
Die Handlung hat mir anfangs mehr gefallen, es ist immer wieder ein Rückblick mit eingebaut, aber auch die eigentliche Handlung nimmt an Fahrt zu. Nur mit dem Ende, da kam ich irgendwie kaum zurecht. Was hat sich geändert, was ist die Quintessenz, die Aussage zum Schluß? Da blieb ich ratlos zurück.

Von mir gibt es daher 3,5 Sterne (die ich leider nicht auf 4 aufrunden kann). Doch alle, die sich selber ein Bild von dieser Geschichte machen möchten, ruhig selber lesen, es gibt ja genug positivere Bewertungen.