Ein Leben lang

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eckenmann Avatar

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"Es wird nie so gut, wie wir es uns erhoffen, aber auch nie so schlecht, wie wir befürchten." (S. 699)
Diese Einschätzung der Titelfigur Roland Baines umreißt sieben Dekaden des eigenen Lebens als auch der kleinen und großen Geschichte, vor allem des letzten Jahrhunderts.
Ian Mac Ewan hat mit "Lektionen" einen gewaltigen Künstlerroman geschaffen und Lebensstationen des Helden im Spannungsfeld von Hoffnung und Enttäuschung, Verlust und Scheitern und Weitermachen geschaffen.
Dabei sehe ich Roland als einen Mann, den vor allem die Beziehungen zu drei Frauen prägten: in der Pubertät die Klavierlehrerin Miriam, später in jungen Jahren seine Deutschlehrerin und Ehefrau Alissa und auch seine Freundin, Nachbarin und Frau Daphne.
Die Lektüre der mehr als 700 Seiten ist immer wieder auch spannend und lehrreich für mich und intensiv mit dem jeweiligen Zeitgeschehen und dem kulturellen Geschehnissen verwoben.
Ich verfolge die Erlebnisse und Gedanken eines Mannes, der zugleich auch sorgender Vater ist, sich mit Verlusten und Ängsten durchschlägt und rückblickend Stationen seines Lebens bezüglich getroffener Entscheidungen auslotet, vergebene Chancen sieht und mit verschiedenen Talenten beschenkt ist.
Der Schreibstil des Romanautors fängt mich nach und nach ein, oft gerate ich in einen Sog widerstrebender oder gar fein verästelter Gedanken...

Es ist der Fluss des Lebens, in den auch ich mich anhand meiner Lebenserfahrungen mehrerer Jahrzehnte gut hineinversetzen kann.
Gelegentlich ist es ein reißender Strom, mitunter mäandern die Läufe,
Der Autor erzählt sehr gut und gern und (be)schreibt in der dritten Person
- und schafft es, dass ich stets nahe beim Menschen Roland und den Menschen um ihn herum bin, Geschichte und Mannesleben und -lieben erfahre und dieses umfangreiche lebenskluge Werk immer wieder auch mit Lesezeichen und Zetteln versehe. Das Auf und Ab - die Achterbahn des Lebens gehen mir mitunter sehr zu Herzen, manche Begebenheiten und Wendungen in Rolands Lektionen wiegen doch recht schwer und hallen nach.

Das diesmal weitaus schwerere Buch der Diogenes-Reihe liegt mir gut in der Hand. Das Cover weist auf prägende Momente der Kindheit und frühen Jugend hin.

Ich hatte ein langanhaltendes und anregendes Leseerlebnis.