Bewegend, anders, nahbar

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madlen Avatar

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Mein Highlight beim Lesen von "Leute von früher" von Kristin Höller war unter anderem tatsächlich der Moment, als der Titel im Buch vorkam und mir bewusst wurde, dass ich den Titel bis dato anders interpretiert habe. Bis kurz vor dem Ende dachte ich immer, dass es sich dabei lediglich um eine Beschreibung der Szenerie/Handlung/des Plots handelt. Vorsicht Spoiler: mir war nicht bewusst, dass man den Titel doppeldeutig verstehen kann und damit auch die Leute gemeint sind, welche auf See gestorben sind. Und so schaurig sich diese Stelle auch angehört hat - auch ich fand es nicht gruselig, sondern auf eine gewisse Art und Weise bewegend.
Abgesehen von dem Highlight lies sich die Geschichte auch sehr schnell und zum Großteil auch sehr einfach lesen (dies ist tatsächlich das erste Buch, welches ich an einem Tag durchgelesen habe), leider fand ich aber die Dialoge teilweise "schwierig" zu lesen, da ich manchmal nochmal zurückgehen und schauen musste, wer denn nun was gesagt hat.
Auch wenn mir Marlene zu Anfang ziemlich komisch oder sonderbar vorkam und ich sie leider bis zum Ende nicht richtig "verstanden" habe, habe ich mich für sie mitgefreut, als es ihr zeitweise richtig gut ging. Leider habe ich ihre Wahrnehmungen über ihren Körper und ihr Bewusstsein der Welt nicht ganz verstanden.
Richtig schön, und mit unter anderem auch der Grund warum ich das Buch unbedingt lesen wollte, ist die Tatsache, dass die Nordsee und ihre Natur und ihre Wunder so schön beschrieben werden. Beispielhaft bei der kleinen Wanderung durch das Watt nach Südfall konnte ich Schritt für Schritt wirklich nachempfinden, wie sich das Schlick gerade unter den Füßen und zwischen den Zehen anfühlt. Die Parts wurden sehr schön und nahhaft beschrieben.
Einerseits ein bisschen vorhersehbar fand ich auf den letzten Seiten dann das Ende bzw. dachte ich mir, dass der Sturm doch nicht so nahtlos an Strand vorbeigeht. Schön fand ich dann aber allerdings den allerletzten Abschnitt, welcher den Leser*innen den Freiraum lässt, auf ein Happy End zu hoffen.
Dementsprechend kann ich "Leute von früher" gerne Menschen empfehlen, welche die Nordsee genauso lieben wie ich und welche gerne mal eine Geschichte mit "echten"/"nahbaren" Charakteren lesen möchten.