Hat sich von Anfang bis Ende kontinuierlich gesteigert!

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In "Leute von früher" von Kristin Höller geht es um Marlene - und doch eigentlich auch um alle anderen, die gemeinsam mit ihr auf der Insel "Strand" bei Husum in der Urlaubsaison arbeiten. Die Touristenattraktion besteht darin, dass die gesamte Insel aufgebaut ist wie ein Dorf um 1900: die Häuser sind alt, die Arbeitenden in Kostüme gekleidet, die Waren und die Unterbringung der damaligen Zeit weitestgehend angepasst. Marlene will auf Strand eigentlich nur für eine Saison jobben, damit sie herausfinden kann, was sie eigentlich jetzt vom Leben will, irgendwo zwischen abgeschlossenem Studium und der nahenden 30.
Stattdessen findet sie einen rätselhaften Ort neben einer versunkenen Stadt, neue Freunde und - Janne.
Der Schreibstil war angenehm zu lesen und die meiste Zeit über relativ simpel gehalten (nicht falsch verstehen: easy reading is hard writing!). Ein paar Zeilen haben dann aber doch herausgestochen und sich richtig in mein Herz gebohrt.
Mit Marlene als Protagonistin konnte ich zu Beginn nicht wirklich viel anfangen. Sie war so ... blass. Hat alles mitgemacht, hatte keine Meinung, nichts, was sie irgendwie besonders gemacht hätte, sie war der absolute kantenlose Mensch. Das hat sich aber im Laufe des Buches geändert, und zum Ende hin mochte ich sie sogar.
Die Nebencharaktere wurden allesamt mühevoll gezeichnet. Besonders Arno und Jakub mochte ich gerne.
In erster Linie gefiel mir das Buch, weil ich nahe an der Nordsee lebe und das Watt und die Umgebung und die Strände und Deiche und alles so gut kenne. Dass der Plott sich in eine Richtung entwickelt, die mir nur noch mehr zusagt - die aber vielleicht nicht für jeden ist -, konnte ich nicht ahnen. Zwischendurch flossen sogar Tränen. Das Ende hat mich richtig gecatcht, ich habe die letzten 100 Seiten am Stück durchgesuchtet. :D

Ingesamt bietet der Roman eine komplexe Mischung aus Zärtlichkeit, der Schärfe des Lebens und der Möglichkeit, dass wir alle vielleicht nicht dort hingehören, wo wir geboren wurden - sondern unser Zuhause selbst finden müssen.