Literarisch modern!

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Ein Planspiel: Eine Art mentales Experiment, wie die Leute von früher zu leben, zu agieren, zu arbeiten; während draußen die moderne Welt der Technik und Hektik weitergeht. Als Saisonjob auf einer Insel im Wattenmeer gegen Bezahlung. Was spannend klingt und sich zu Beginn des Romans langsam aufbaut, hält meines Empfindens leider nicht, was es verspricht. Der Stil wirkt mir zu gekünstelt literarisch; an jeder möglichen Stelle wird ein Stilmittel eingefügt, der Schreibstil schwenkt zu bewusst zwischen den einzelnen Situationen. Wird es spannend oder emotional, setzt Kristin Höller auf kurze Satzfetzen, die alle mit derselben Konjunktion aneinandergereiht werden. Gespräche finden dann nur noch im Stilskelett ‚sagte, sagte, sagte‘ statt. Mir leider zu auffällig und erzwungen – man hätte hier mit weniger mehr erreichen können. Und auch das Thema konnte mich im Gesamten leider nicht gänzlich für sich einnehmen. Wie in vielen anderen aktuellen Werken geht es auch in „Leute von früher“ um hetero- und homosexuelle Anziehungskräfte, die bis ins kleinste Detail anschaulich beschrieben werden. Auf Basis der Geschichte der Insel, mit seiner Verbindung zwischen früher und heute, ist die Idee gut. Für mich passt sie aber nicht richtig ins Setting. Höller schneidet mir zu viele Themenbereiche an, die wieder fallen gelassen werden: Es kommt mir vor, als hätte sie in 315 Seiten Text alles packen wollen, was moderne Literatur gerade ausmacht. Wie bereits erwähnt – weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen.