treffend wie Ebbe und Flut

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mischiii Avatar

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Kaum ein anderes Werk hat mich so begleitet wie "Leute von Früher". Nicht nur, dass der Titel das ein oder andere Mal im Werk tatsächlich fällt, verschafft Freude, auch der Erzählstil ist raumdynamisch wie Ebbe und Flut. Das heißt, dass der Text manchmal lang(atmig) ist, fast schon zäh, und dann wieder einschneidet wie eine plötzliche Flut. Gestochen scharf kann man sich ein Bild von der Insellandschaft Strand machen; der Roman lässt es zu, ruhige Momente zu genießen, aber auch reißend das Kapitel zu beenden. Da genügt ein Zwischenton im Gespräch, der einschneidet wie Papier.
Die Charaktere sind ebenso besonders, und das Rad des Schicksals betrifft gleichermaßen Marlene wie auch die anderen Figuren.
Das Besondere des Textes ist neben der Dynamik der Räume auch das Thema Ritual. Das Johannisfest war ein grandioses Kapitel, aber auch die kleinen Rituale, wie Teil der Crew zu sein, geben dem Text eine besondere Farbe. Der Text braucht ein wenig, um in Fahrt zu kommen, da man merkt, irgendwas ist hier fischy, so sind es aber auch die Gerüche, die besonders markant beschrieben werden. Die Speisen und das gemeinsame Essen sind ebenfalls wichtige Anker im Werk, die es beleben und zeigen, wie vielfältig ein Text wirken kann. Man konnte beim lesen fast schon erleben, wie gut das Essen von Janne schmecken muss.

Für mich war es ein durchaus gelungenes Buch. Ich würde es jedem empfehlen, der offen für eher "stillere" Themen ist, wie das Zwischenmenschliche und den Dialog. Auch wer Nordseecharme abkann, und mal etwas anderes als einen Thriller lesen mag, wird auf seine Kosten kommen.