Eher ratlos...

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Manchmal hilft ein wenig Abstand zu einem Titel ja, dass der Inhalt nachwirken kann und man einen besseren Überblick hat als direkt nach Beenden des Buches. So etwas hatte ich mir für Licht und Schatten erhofft, oder zumindest eine Ankündigung, das hierzu ein weiterer Band folgen wird – denn der neueste Roman von Zoran Drvenkar hat mich mehr ratlos als alles andere zurückgelassen.

Nichts wünschen sich Vidas Eltern sehnlicher als ein Kind und so könnte ihre Geburt im Winter 1704 die Erfüllung eines Herzenswunsches sein – würde nur ihre Mutter dabei nicht versterben. Vida wird daher von ihrem Vater und ihren drei Tanten aufgezogen, und hat eine relativ normale Kindheit. Mehr und mehr stellt sich aber heraus, dass Vida etwas besonderes ist und wortwörtlich das Licht zurück auf die Welt bringen soll: Die Kräfte des Lichts und der Dunkelheit befinden sich in einem erbitterten Kampf miteinander, und Vida muss versuchen ihren eigenen Weg durch diesen zu finden. Neben ihrer Geschichte erfahren wir auch den Weg eines besonderen Bären, welcher durch die Begegnung mit Vida als Junges geprägt wird, und sich auf die Suche nach ihr macht. Klingt fantastisch? Ist es auch!

Als Leser begleitet man Vida durch ihre Kindheit, erfährt mit ihr gemeinsam von ihrer Bestimmung und fiebert mit, wie sie versucht einem Fluch zu entgehen oder Geister zu erlösen. Verschiedene Gegenspieler werden vorgestellt, der Ursprung des Konflikts zwischen Licht und Dunkelheit beleuchtet und durch das halbe Land gereist – aber alles wirkt wie die Vorbereitung auf mehr. Nur es gibt kein mehr, Licht und Schatten ist ein Einzelband. Das Ende kommt schnell und fast unverhofft, und passte allein vom Tempo her schon gar nicht zu dem davor. Drvenkar’s Sprache und die Bilder, die er mit seinen Worten malt, machen Licht und Schatten zu etwas besonderem. Hier zeigt sich erneut die Stärke des Autoren, und allein dafür lohnt sich ein Blick auf diesen Roman. Nur was ich am Ende von Vidas Reise mitnehmen soll? Ich weiß es nicht. Nur das bei beinahe sechshundert Seiten definitiv Raum für etwas, irgendwas gewesen wäre, das weiß ich sicher.

"Sie schaute in den Nachthimmel und war eine Wölfin, die die Welt wissen ließ, dass alles möglich ist und dass sie sich nie beugen würde. Und so heulte sie die Welt an. Und die Welt legte den Kopf in den Nacken und heulte zurück." | Seite 166