Bedrückend, Skurril, Großartig !

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inaslittlebakery Avatar

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"Liebe Rock" ist ein Roman, den man nach dem Lesen erst ein paar Stunden sacken lassen muss. Und obwohl ich dies getan habe, fällt es mir noch immer schwer die passenden Worte dafür zu finden.

Denn Tom Zürcher hat mit seinem jungen Protagonisten eine wirklich tragische Figur mit sehr dramatischer Geschichte geschaffen, die er in einem sehr unkonventionellen Stil und in rücklaufenden Kapiteln erzählt. Diese Art des Erzählens fand ich sehr erfrischend und die Geschichte ansich konnte mich, nicht zuletzt durch ebenjene Schreibe, mitreißen, so dass ich förmlich durch die Seiten gerauscht bin.

Aber auch inhaltlich hat es mich einfach gepackt, unterhalten, erschüttert, aufgewühlt, innehalten lassen. Timm ist ein junger Mann, der die Schule hinschmeißt und fest davon überzeugt ist, dass er einen Bestseller schreiben muss und kann. Hinzu kommt, dass er sich Hals über Kopf in Kneipenbedienung Rock verknallt hat und in deren WG er zieht. Dort trifft er auf Kontrahent Marc, der seinerseits um Rocks Gunst buhlt und es bleibt somit nicht aus, dass die beiden Männer immer wieder aneinander geraten.

Timm strickt sich von Anfang an ein perfides Konstrukt aus Lügen und Manipulation zusammen, klaut Marcs Dissertation und verwurstet sie zu einem Cut Up Roman, der sehr erfolglos startet. Timm sieht sich mit einer Verletzung des eigenen Egos konfrontiert, fantasiert sich Stimmen in seinem Kopf zusammen, die seinem Ego nochmals einen herben Schlag verpassen. Erst als die Situation schließlich eskaliert wird Timm plötzlich für kurze Zeit berühmt. Doch auch die Folgen des "Ruhms" können verheerend sein.

Es ist eine wirklich sehr skurrile Geschichte, die im Verlauf eine immer ernstere und tiefgreifendere Note annimmt. Timm hat psychische Probleme, eine Persönlichkeitsstörung in meinen Augen, ausgelöst schon in seiner Kindheit, wo er mit der Geburt des jüngeren Bruders und später durch einen Unfall auf den 2. Platz in der Rangliste seiner Mutter rutscht. Timm möchte glänzen, er möchte gesehen werden und beweisen, dass er etwas kann. Und dabei würde er fast über Leichen gehen.

Ich fand seine Geschichte sehr sehr tragisch und obwohl man ihn aufgrund all seiner Lügen und Grausamkeiten, die er anderen antut, oft nicht wirklich verstehen oder gar leiden kann, tat er mir leid.

Einen Punkt Abzug gibt es für die Szenen mit der Katze. Wer das Buch liest, wird verstehen, was ich meine. Ich finde es gibt Grenzen des guten Geschmacks und egal, wie kaputt man einen Charakter zeichnet, sowas muss wirklich nicht sein.

Ansonsten: Absoluter Geheimtipp.