Finnischer Tango

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regenprinz Avatar

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Dieser Roman hat mich ziemlich überrascht. Ich kenne mehrere von Nina Blazons Fantasy-Jugendbüchern, die jedoch einen völlig anderen Stil haben. Insofern war dieses Buch echt ungewöhnlich, fand ich. Sprachlich habe ich mir manchmal auch schwergetan, es zu mögen, zu abgehackt waren mir oft die Sätze, zu kalt und nüchtern die Stimmung, die sie erzeugten. Auch an die seltsamen Namen der Figuren habe ich mich nur schwer gewöhnt, selbst wenn sie abgekürzt normaler klangen (Mo, Dani etc.). Eigentlich hatte ich mich erst gegen Ende richtig "warmgelesen", aber da war die Geschichte leider fast schon vorbei.
Inhaltlich fand ich den Roman sehr dicht, mitunter schon fast zu vollgepackt mit Hinweisen auf familiäre Verstrickungen und Geheimnisse, finnische Kriegs- und Nachkriegsgeschichte, den Schauplatz in Helsinki und die Musik. Es dauerte mir auch zu lange, bis sich die Fäden entwirrten und die Fragezeichen in meinem Kopf verschwanden - erst gegen Ende wird das vollständige Puzzle sichtbar, aber bis dahin hatte ich tatsächlich lange kein Bild vor Augen, sondern nur unzählige verwirrende Erinnerungssplitter. Dabei ist die Geschichte wirklich spannend und facettenreich - Aino, die es im Alter zurück in ihre finnische Heimat zieht, und Fotografin Mo, die vor ihrem untreuen Freund und seiner russischen Großfamilie sowie ihrer biestigen Anwaltsschwester flieht. Und natürlich vor den Ereignissen ihrer Vergangenheit bzw. Kindheit und Jugend. Dummerweise schleppt sie aber einen Schuhkarton mit nach Finnland, dessen Inhalt sie lange nicht sehen will und der in ihrem Kopf trotzdem stets präsent ist. Umso mehr stürzt sie sich in Ainos Wahrheitssuche, die über eine Fotografie von Matilda bis weit zurück ins letzte Jahrhundert führt und schließlich Ungeahntes zutage fördert ...
Mir persönlich hat im Buch Aarto am besten gefallen, der wortkarge Finne mit den Mumintassen in der Küche und seiner Metalband als Anhang. Ihn fand ich sehr überzeugend dargestellt. Und weil ich ihn (und seine nette Clique) mochte, gefiel mir natürlich auch das Ende des Romans. Sorry, Sanna. :)
Amüsant und originell fand ich auch die finnisch-englischen Dialoge zwischen ihm und Mo. Überhaupt zeigen die Dialogszenen oft viel Witz, auch die zwischen Mo und Aino. Insgesamt hat mir dieses Buch dann doch gut gefallen, auch wenn ich es streckenweise etwas anstrengend zu lesen fand. Und es hat mich tatsächlich dazu gebracht, mir die erwähnte finnische Tangomusik und die Gruppe Yö mal anzuhören, solche "Extras" mag ich an Büchern. Schade, dass Aartos Band fiktiv war (aber ich kanns mir vorstellen *g*).