Glückliche Familien?

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„Fotos verraten alles. Sie zeigen das, was gezeigt werden soll – aber darüber hinaus zeigen sie Lücken in den Familien, die schadhaften Stellen am Haus.“ Mo ist Fotografin. Mit ihren Bildern hält sie mehr als nur Augenblicke fest. Mit ihren Bildern nimmt sie genau diese „schadhaften Stellen“ zwischenmenschlicher Beziehungen auf. Sie hat ein geradezu voyeuristisches Interesse an den Geheimnissen – vorwiegend – fremder Menschen. Ganz zum Missfallen ihres Lebens(abschnitts)gefährten Leon.
Mo hat aber auch ein gesteigertes Interesse in die Familien ihrer Lebensgefährten. Leons Familie passt – augenscheinlich - perfekt in ihre Vorstellung einer harmonischen Familie. Sie versprechen Liebe und Geborgenheit.
Mo hat noch ihren Vater, der eine neue Familie gegründet hat und zu dem sie seit Längerem keinen Kontakt hat, und eine Schwester, mit der sie sich nicht versteht. Sie ist das schwarze Schaf der Familie.
Umso mehr sehnt sie sich nach der Geborgenheit einer Familie. Das erste Treffen mit Leons Familie verläuft jedoch alles andere als harmonisch. Die Familie ist immer noch eingenommen von Leons Exfreundin und besonders Leons Schwester kann Mo nichts Gutes abgewinnen. Zu allem Überfluss passiert Mo noch ein folgenschweres Missgeschick, aufgrund dessen sie im wahrsten Sinne die Flucht ergreift – mit Leons eigenwilliger und – nach Meinung der Familie – reichlich senilen Großmutter Aino.

Das Buch ist aus Mos Sicht geschrieben. Nach einer rasanten Flucht setzen die beiden Frauen über nach Helsinki – Ainos Heimat. Ab diesem Punkt hat mich das Buch überzeugt. Die finnische Hauptstadt wird mit viel Liebe zum Detail beschrieben. Ich fühlte mich wie auf einem Kurztrip nach Finnland. Ganz nebenbei werden Stück für Stück Ainos Beweggründe für die Reise deutlich und ihre Geschichte offengelegt. Auch über Mo erfährt man so einiges. Unter Berücksichtigung der Biografien der beiden Frauen, finde ich sowohl Aino als auch Mo bemerkenswert.
Sicher hat die Geschichte hier und dort ein paar Schwachstellen. Für Helsinkifans (wie mich) aber eine lohnenswerte Lektüre.