Moira schaut genau hin

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druckdeufel Avatar

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Moira ist auf Spurensuche. Zunächst nur mit ihrer Nikonkamera, die sie nicht aus der Hand legt. Aus Details liest sie ganze Geschichten. Als es bei einer Familienfeier ihres Freundes Leon zu einem Streit kommt, flüchtet sie mit dessen finnischer Großmutter Aino. Dabei stellt sich heraus, dass diese schon lange auf eine Gelegenheit gewartet hat, ihren Verwandten zu entkommen, um eine Schuld aus vergangener Zeit zu begleichen. Doch auch Mo schleppt Geheimnisse mit sich herum, die sie schwer belasten. Und ganz unversehens sind die beiden Frauen auf einer Spurensuche ganz anderer Art.
Was hier so dramatisch anklingt, wird auf beschwingte, auch humorvolle Weise umgesetzt. Der Himmel über den rosafarbenen Wolken ist nicht blau. Und die Geschichte, die im Buch erzählt wird, ist keine kitschige. Doch so wie die rosafarbenen Linien die emotionalen Höhen und Tiefen, auch die romantischen Unwägbarkeiten des Lebens symbolisieren, so bedeuten uns Schwalben und Wolken, dass es Reisen sind, die uns Erfahrungen und Erkenntnisse bescheren.
Mo lernt, ihrem Blick zu vertrauen. Ihr "one-eyed lover" filtert zunächst ihre Wahrnehmung, die Interpretation der Wirklichkeit findet auf dem Foto statt. Doch mehr und mehr nimmt sie die Welt direkt wahr. Und wenn es wirklich diesen einen wichtigsten Moment im Leben gibt, wie Aino behauptet, wäre es dumm, gerade dann eine Kamera vor der Nase zu haben.
Das Buch ist randvoll mit klugen, ja weisen Betrachtungen. Überraschend, da aus Moiras Perspektive in einer überaus jungen, frischen Sprache mit vielen jugendlichen Redewendungen erzählt wird.
Allerdings ist das Buch insgesamt sehr voll von allem. Man wird während des Lesens satt. Vielleicht ein Quäntchen satter, als man zuvor hungrig war. Dieses Teilchen zuviel hätte meine Bewertung beinahe einen Stern gekostet. Doch am Ende des weiten Regenbogens, der sich auf Grund von Licht und Wasser über die Geschichte spannt, wartet ein goldener Topf, in welchem der Leser ein Finale findet, das in durchdachtester Weise alles zusammenfügt. Und ihn sich für den Gedanken an weniger als fünf Sterne kurz schämen lässt.