Schutzlose Blicke ins Leben tun weh...

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Was mich zunächst einmal an diesem Buch interessiert hat, war das Sujet. Nina Blazon ist mir bisher nur als Autorin von Fantasygeschichten bekannt, vorzugsweise für junge Leserinnen. Dass sie in ein vollkommen anderes Genre wechselt, hat mich neugierig gemacht
Die Geschichte beginnt mit der jungen Moira, genannt Mo, einer Fotografin. Mo lebt mit Leon zusammen, einem jungen Mann, dem Familie über alles geht. Als er sie überredet, nicht nur zum Geburtstagsfest seines Vaters mitzukommen, sondern auch noch ihre Schwester Danae kennenlernen will, stimmt Mo widerwillig zu. Denn sie hat ein großes Problem mit Familien, vor allem mit ihrer eigenen...
Auf dem Fest eskaliert die Situation, Mo, deren Familienproblem darin liegt, dass sie in ihrem ganzen bisherigen Leben immer nach Familien gesucht hat, in die sie schlüpfen konnte,weil ihre eigene so kaputt war, flieht, als Leons Schwester und ihre eigene Schwester sie bloßstellen.
Mit ihr flieht Aino, Leons finnische Großmutter, alt, gebrechlich, im Rollstuhl sitzend, aber von unbeugsamem Willen getrieben. Sie zwingt Mo, mit ihr nach Finnland zu reisen und der Familie zu verheimlichen, was sie vorhat und wohin sie will.
Es beginnt eine Reise in der Art von Thelma und Louise, eine Flucht zweier ungleicher Frauen, die doch etwas gemeinsam haben. Mo flieht vor der Vergangenheit, vor ihrer Kindheit, dem Tod der Mutter, dem Aufwachsen bei einer Stiefmutter, die vom Vater verlassen wurde, vor dem Bruch mit der Schwester, vor... vielen Dingen, die sie nicht sehen will. Aino flieht vor ihrer Zukunft, in der Entmündigung droht, endgültiges Abgeschobenwerden ins Pflegeheim und Tod.
Das sind die vordergründigen Motive, Aber es steckt noch mehr dahinter. Aino hat einen ganz bestimmten Grund, nach Helsinki zurückzukehren, sie hat dort noch etwas zu tun, Dinge zu klären und alte Rechnungen zu begleichen. Für Mo wird es eine Reise, die ihr die Augen öffnet. Über Aino, über die Vergangenheit, den Weltkrieg,die Menschen in Finnland und über sich selbst. Vor allem über sich selbst, die es bisher nie gewagt hat, den Blick auf ihre Umgebung ohne den Schutz ihrer Kamera zu richten. Und dabei entdeckt sie in ihrer Familiengeschichte ebenfalls Erstaunliches...

Das Buch hat mich absolut mitgerissen, so faszinierend ist die Geschichte der beiden Frauen und die Entwicklung zum "Showdown" ist spannend und großartig! Ein Kompliment an die Autorin, die auch in einem vollkommen anderen Genre wunderbar erzählen kann und ihre Figuren präzise und liebevoll gestaltet! Große Empfehlung!