Die endlos viele Arten von Glück: Löwenglück, Elefantenglück, Fledermausglück, usw. und alle sind sie perfekt.

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kleine hexe Avatar

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Der Prolog liest sich wie ein Thriller, mit einem lauten Knall, der alle aus dem Schlaf reißt, einem alles verzehrenden Feuer und einem Land Rover der erst buchstäblich in letzter Sekunde anspringt. Und an einigen Stellen im Buch wird es ebenso spannend und richtig ungemütlich, als sie z.B. von kämpfenden Löwenmännchen bedrängt werden, oder das schmale Boot vor einer von Krokodilen dicht belagerten Sandbank zu kentern und einen Wasserfall runterzustürzen droht, und einige andere gefährliche Passagen mehr.
Aber es gibt auch die anderen, wunderschönen, richtig atemberaubende Momente: Sonnenuntergang über der Savanne, über den Bergen, über dem Okawango Delta, über dem Sambesi, den Salzpfannen in trockenen Flussbetten, oder der Flug von Millionen von Fledermäusen, die Sichtung von Elefanten, Flusspferde, Antilopen, Gnus, Giraffen und mein Liebling: der Schuhschnabel, der so hässlich ist, dass nur seine Mutter oder ein begeisterter Ornithologe ihn schön finden können.
Da die Reisen in Afrika jenseits des Äquators stattfinden und fernab von aller Lichtverschmutzung, sind des Nachts die Sterne besonders ausdrucksvoll und berauschend.
In diesem Buch bereisen Gesa und Frank „nur“ drei Länder, Botswana, Namibia und Sambia, von Nationalpark zu Nationalpark, stellen sie kurz vor, die besten Campingplätze, die interessantesten Orte. Das geschieht beileibe nicht wie in einem Baedeker, in dem die Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Hotels abgehakt werden. Gesa Neitzel erzählt von ihren Reisen und Abenteuern in einem so mitreißenden und spannenden Stil, dass man am liebsten sofort einen Safari-Trip buchen würde, um Land und Leute, Flora und Fauna mit eigenen Augen zu sehen, zu erforschen, kennen und auch lieben zu lernen.
Im Buch kommen aber auch unbequeme Themen zur Sprache: die Armut der Menschen in einigen Landesteilen, die Verschmutzung der Umwelt, das Wildern der Tiere. Wobei Neitzel sehr wohl zu unterscheiden weiß: es gibt das Wildern aus der Not heraus, weil die Menschen ihre Familien ernähren müssen und es gibt die Trophäensammler: eine grausame Untergattung der Spezies Mensch, die Fell, Kopf oder Zähne von toten Tieren sich daheim an die Wand hängen oder verschwundene (oder nie dagewesene) Potenz glauben damit steigern zu können. Leider hat Corona die Lage der Wildtiere und Menschen in Afrika verschlimmert. Durch das Wegbleiben der Touristen mussten viele Campings und Lodges schließen, die Naturreservate kämpfen ums Überleben. Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle in diesen Ländern, in denen es so gut wie keine eigene Industrie gibt und internationale Konzerne nach den Bodenschätzen dieser Länder gieren, egal ob sie dadurch Naturschutzgebiete zerstören, inklusive das Okawango-Delta.
Das Buch ist in drei große Teile eingeteilt, jedes einem der bereisten Länder gewidmet. Zu Anfang des jeweiligen Kapitels ist eine Landkarte skizziert, mit den besuchten Orten und den Tieren, die es hauptsächlich da zu sehen gibt. So kann man sich immer schnell zurechtfinden. Die Bilder in der Mitte des Buches bringen uns Afrika noch näher, wecken die Sehnsucht auch einmal unter solch einem Sternenhimmel zu schlafen oder einen Kaffee am sandigen Ufer des Tanganyikasees zu trinken und den Sonnenaufgang auf sich einwirken zu lassen.
Leichte stilistische Stolperkiesel wie etwa Wortwiederholungen im gleichen Satz tun dem Buch keinen Abbruch. Im Gegenteil. Sie betonen nur die Aufrichtigkeit der Autorin, bringen uns ihren Herzenswunsch näher, uns für Afrika zu begeistern. Man merkt, sie schreibt ehrlich und begeisternd über ihre Reisen und den tierischen und menschlichen Begegnungen dabei.
Und noch etwas Positives: Ullstein zertifiziert das Buch als Klimaneutrales Produkt und Teil des Programms ullstein.de/nachhaltigkeit. Das kann man nur unterstützen.