Der Autist in den schwarzen Kleidern

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Wir lernen hier einen so liebenswerten Kommissar kennen, wie man ihn selten antrifft. Zugegeben, gewöhnungsbedürftig ist er schon, der Leander Lost. Er kann nämlich nicht lügen. Er zählt Ecken, um sich zu beruhigen. Und er trägt komische Klamotten, entweder er versucht sich trotz Hitze ganz klassisch in Schwarz zu kleiden oder er kopiert den Stil seines Kompagnons Carlos Esteves, aber ohne auf die Feinheiten zu achten. So wissen der Sub-Inspektor der Polícia Judiciária, der portugiesischen Kriminalpolizei, und seine – ihm übergeordnete Kollegin, die Kriminalkommissarin Graciana Rosado zunächst nicht, was sie von ihm halten sollen und möchten ihn eigentlich so schnell es geht, wieder loswerden.
Ein schlechter Einstieg also für den Hamburger Leander Lost, der im Rahmen des Europol-Austauschprogramms für ein Jahr in Portugal ausharren soll und muss; der einfach den neuen Kollegen zwangsweise aufs Auge gedrückt wird.
Und Rui Aviola, der beliebte Polizist der Guardia Nacional Republicana, reist zum Entsetzen der Dorfbewohner von Fuseta nach Hamburg. Sie befürchten auf Nimmerwiedersehen.
Schon den Titel „Lost in Fuseta“ fand ich genial, natürlich denkt man zunächst an „Verloren“. Dazu das überaus gelungene Cover, was ja – glaub ich – aus zwei Fotos ineinander komponiert wurde. Auf den Innenseiten finden sich die Landkarten, die man zum „Mitreisen“ braucht in unterschiedlichen Maßstäben, auch das hat mich begeistert.
Die Schilderung von Land und Leuten, die meist weiße Farben der Häuser mit den bunten Rahmen, der Staub um die Mittagszeit, darüber der tiefblaue Himmel und immer wieder das Meer; man wähnt sich im Urlaub und löst so fast nebenbei gemeinsam mit den Akteuren einen komplizierten Kriminalfall.
Besser kann Sommer- und Urlaubslektüre nicht sein. Portugiesisches Flair, brillant eingefangen in diesen Seiten und – man höre und staune, der Autor ist Deutscher (Holger Karsten Schmidt), er hat sich nur ein mediterran anmutendes Pseudonym zugelegt und kennt sich natürlich vor Ort bestens aus, das merkt man in jeder Zeile.
Die Dialoge sind überaus gelungen und die liebenswerten Protagonisten wachsen einem ans Herz: Graciana, die Auto fährt wie eine gestochene Wildsau und der stabile Carlos, der unentwegt Nahrung aufnimmt.
Manchmal weiß man (frau) einfach schon vorher, dass dies vermutlich eine tolle Lektüre werden würde und die super Erwartung wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil, es war noch viel besser als gedacht. Ein Sommer-Page-Turner mit extra viel Urlaubsfeeling, der jetzt ja sogar fortgesetzt wurde mit „Lost in Fuseta - Spur der Schatten“ – wie schön! Freuen wir uns drauf!