eine runde Sache!

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karrrtigan Avatar

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Lost in Fuseta ist ein guter Krimi mit liebenswerten Charakteren in einem wirklich schönen Setting.

Ein europäisches Austauschprogramm für Polizisten bringt den deutschen Leander Lost nach Fuseta in Portugal. Sein erster gemeinsamer Fall mit seinen neuen Kollegen Carlos und Graciana dreht sich um einen ermordeten Privatdetektiv, der sich offenbar nicht nur mit Eifersuchtsdramen beschäftigt, sondern Kriminelle eines anderen Kalibers gegen sich aufgebracht hat.

Der Krimi-Aspekt des Buches ist durchaus spannend und wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf. Die Lösung des Falls ist nachvollziehbar, folgt einem guten Tempo, und erscheint im Zusammenhang mit den beteiligten Charakteren absolut glaubwürdig.

Das Setting des Buches trägt viel zum positiven Gesamteindruck bei. Wir befinden uns in einer kleinen portugiesischen Küstenstadt, und der Autor verwendet viel Energie darauf, dem Leser den Ort und das entsprechende Lebensgefühl zu vermitteln, was ihm auch wunderbar gelingt, denn ich ziehe ab sofort Portugal durchaus als künftiges Urlaubsziel in Betracht! Es ist zwar aus dem Schreibstil heraus teilweise sehr offensichtlich, dass das Buch von einem Deutschen für den deutschen Markt geschrieben wurde, da manchmal die portugiesischen Eigenarten doch sehr stark von Grund auf erläutert werden, das tut aber dem positiven Gesamteindruck keinerlei Abbruch.

Die große Stärke des Romans sind aber nicht zuletzt die Charaktere! Da ist zuallererst Leander Lost, der deutsche Austauschpolizist. Er ist ein Mann mit Asperger-Syndrom, was ich persönlich in einem Krimi (außerhalb vielleicht von Sherlock Holmes, je nach Version) so noch nie gelesen/gesehen habe. Er hat diverse herausregende Begabungen (photographisches Gedächtnis, streng logische Denkweise, hohe Intelligenz, überragende sprachliche Fähigkeiten), auf der anderen Seite aber Probleme mit sozialen Interaktionen, da er beispielsweise die Mimik anderer Menschen nicht interpretieren kann, und nur tatsächlich gesagtes gedanklich verarbeitet (d.h. zum Beispiel Ironie und Subtext sind für ihn schwer bis gar nicht erkennbar).
Ich bin mit den Syndrom nicht vertraut genug, um beurteilen zu können, wie akkurat es hier dargestellt wurde, aber ich hatte in jedem Fall den Eindruck, dass respektvoll damit umgegangen wurde, und das Syndrom tatsächlich in den Charakter und die Handlung eingebunden war, anstatt nur für platten Humor zu sorgen. Entstanden ist eine spannende, liebenswerte, gut charakterisierte Figur, die das Buch trägt und aus dem Krimi-Einheitsbrei hervorsticht.

Aber nicht nur Leander ist liebenswert, auch die übrigen Charaktere sind es: Die Kollegen Graciana und Carlos sind Menschen mit Stärken und Schwächen, die auch Fehler machen oder sich unpassend verhalten. Sie haben jedoch ihr Herz am rechten Fleck und sich gute Polizisten - zwei sehr realistische Figuren, die gut zusammenpassen! Das gilt ebenso auch für die weiteren Figuren Soraia und Zara, die zwar nur Nebenrollen spielen, aber ebenfalls mit viel Sorgfalt und Gespür charakterisiert werden.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das Buch ein grundsolider Krimi ist, der einen gewissen Spannungsfaktor hat, der aber erst durch seine liebenswerten und gut durchdachten Charaktere sowie das wunderschöne Setting an der Küste Portugals seinen besonderen Charme bekommt. Der Autor hat in jedem Fall seinen Fokus auf die wichtigen Aspekte gelegt und meinen Geschmack damit getroffen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, und ich freue mich auf hoffentlich erscheinende weitere Bände dieser Reihe um Leander, Graciana und Carlos!