unterhaltsam mit tollen Figuren

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hiclaire Avatar

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Auf dem bereits reich bestückten Markt nun ein weiterer Krimi, der in einer beliebten Urlaubsregion spielt. Aber die portugiesische Algarve ist, zumindest für mich, Krimi-Neuland.

Menschen mit Asperger haben für mich eine ganz besondere Anziehungskraft. Sie faszinieren mich mit ihren Einschränkungen und ihren Stärken und wann immer ich ihnen literarisch begegne, ist ihnen meine Sympathie gewiss. Für eine Person mit Asperger scheint mir Leander Lost in vielen Dingen recht „sozialisiert“, aber er ist ja nicht mehr ganz jung und ausgesprochen lernwillig was „normale“ Verhaltensweisen betrifft. Das klingt immer wieder an und ich fand es rührend, wie sehr er bemüht ist Lügen zu lernen und Ironie zu erkennen.

Von daher ist klar, welche hier meine Lieblingsfigur gewesen ist *g*. Aber nicht nur Leander Lost, den Namen mag ich, ziemlich cool und genial gewählt, denn verloren fühlt er sich fast immer und überall, auch alle anderen Figuren haben mich rundum überzeugt. Erstklassig herausgearbeitet, eine wie die andere. Obgleich die Geschichte die meiste Zeit eng an den Ermittlungen bleibt, spielt der Fall in meiner Wahrnehmung fast eine Nebenrolle angesichts dieser durchweg spannenden und intensiven Protagonisten. Deshalb will ich darauf auch nicht näher eingehen, obwohl ich das Thema gut gewählt finde.

Was den Erzählstil angeht bin ich etwas hin- und hergerissen. Großartig fand ich die ebenso spritzig-amüsanten wie authentischen wirkenden Dialoge. Damit fühlte ich mich bestens unterhalten! Aber hinsichtlich der Schilderung von Land und Leuten wurde für meinen Geschmack zu viel hineingepackt. Hatte ich anfangs noch das Empfinden auf angenehm intensive Weise in die Atmosphäre von Portugals Algarve einzutauchen, wurde mir dieses Stilmittel im Laufe der Geschichte überstrapaziert. Auch kam es mir so vor, als würden diese Passagen zunehmend hölzerner und weniger liebevoll ausgestaltet. Gänzlich entbehrlich sind für mich detaillierte Wegbeschreibungen wie in diesem Beispiel:“ Der Transporter nahm die Ausfahrt nach Odeleite, fuhr aber nicht in den Ort hinein, sondern bog links in eine kleine Überlandstraße ab, die diejenige, die sie hierhergeführt hatte, unterquerte und sich mehrmals gabelte. Bandeira wollte die Straße nach links nehmen, aber in dem Moment kamen ihm zwei baugleiche weiße Transporter entgegen, die Vorfahrt hatten und ihm zuvorkamen. Also schloss er sich ihnen an.“ Möglicherweise ist so was interessant für Leser, die schon mal vor Ort gewesen sind, für mich war das sperriges Füllmaterial, welches die Geschichte nicht voranbringt und von diesen Stellen gab es einige.

Aber genug gemeckert. Das Meiste in diesem Buch hat mir sehr gut gefallen, wie gesagt, in erster Linie die Figuren und ihre Entwicklung. Ein paar kleine Klischees haben diesen Eindruck eher abgerundet als getrübt. Fuseta, seine Menschen und seine Atmosphäre sind mir ans Herz gewachsen und eine Fortsetzung werde ich mir wohl nicht entgehen lassen.