Die schöne, kleine Wundertüte Lotta

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
mammutkeks Avatar

Von

Als Lotta geboren wird, ist den Eltern kurz zuvor mitgeteilt worden, dass ihr Kind eine Behinderung haben wird. Welche Ausmaße diese haben wird, ist nicht klar. Klar ist für Sandra Roth und ihren Ehemann jedoch, dass sie dieses zweite Wunschkind haben wollen. Denn die Alternative wäre eine Spätabtreibung - und die wird zwar in Gesprächen indirekt immer wieder von Freunden, Bekannten oder Unbekannten eingefordert, nicht aber von Familie Roth.
Vordergründig wird die Entwicklung von Lotta in ihren ersten Lebensjahren beschrieben - die Probleme, die Operationen, die Krankheiten - aber auch immer wieder die wunderbaren Momente, die die Familie mit ihr erlebt. Seien es das erste Lächeln, die ersten Laute, seien es die Begegnungen im Kindergarten mit ihrem Chauffeur Kofi, dem kleinen farbigen Jungen, der Lotto sofort ins Herz schließt.
Doch hintergründig geht es in "Lotta Wundertüte" um so viel mehr. Es lässt sich so zusammenfassen:
"Wir sind nicht die Einzigen. Wir haben ein behindertes Kind. Ein süßes, kleines, behindertes Mädchen, das uns morgens mit einem Lächeln begrüßt. Wir haben keinen Krebs, keine Fehlgeburt. Wir habenkein schlimmes Schicksal.
Vielleicht wollen einige keine Obdachlosen vor dem Kindergarten sehen, weil es sie daran erinnert, wie zerbrechlich ihr Glück ist. Vielleicht denken viele, die Behinderte anstarren, gar nicht an Abtreibung oder Pränataltests. Vielleicht starren sie zwar uns an, denken aber an sich selbst. An den dementen Vater, das ungeborene Wunschkind, an die eigene Angst vor dem Alter."
Es geht auch darum, Behinderte überhaupt in der Gesellschaft zu sehen. Denn trotz aller Fortschritte im Bereich der Pränataldiagnostik gibt es ja noch keine "Heilung". Und gleichzeitig müssen sich Eltern von behinderten Kindern viel zu oft dafür entschuldigen, ein solches Kind ausgetragen zu haben. Es geht darum, zu entscheiden, welche Art von Gesellschaft man möchte. Dabei spielt natürlich das Thema Inklusion eine gewichtige Rolle, aber auch partnerschaftliche Themen genau wie der Umgang der Freunde, Nachbarn und Co. mit Lotta.
Insgesamt regt das Buch zum Nachdenken an, bietet viele Möglichkeiten, sich zu freuen, Empathie zu entwickeln. Wunderschön, bewegend - und dabei auffallend wenig sentimental. Ein wirklich empfehlenswertes Buch!