Hemmungslos, aber nicht fesselnd!

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lulu Avatar

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Im Roman „Love in the big City“ des Südkoreaners Sang Young Park begleiten wir den Ich-Erzähler Young durch sein Leben in der Großstadt Seoul. Young ist schwul und für alle sexuellen Abenteuer und alkoholischen Exzesse zu haben, und er schildert diese hemmungslos und offen, aber nach meinem Empfinden auch emotionslos. Der lakonische Erzählstil lässt mich seltsam unberührt, mir ist einfach egal, wie es mit dem Protagonisten weitergeht Manchmal blitzt etwas schwarzer Humor auf: „Zu jener Zeit war ich mir oft vorgekommen wie die Fußmatte eines Nudelrestaurants. Einmal kurz die Schuhe abtreten, weitergehen, fertig. (‚Objektive Selbsteinschätzung‘!)“ (S. 17) Dann erwacht die Hoffnung, das Lesevergnügen könnte etwas mehr Fahrt aufnehmen, aber leider wusste mich der Roman bis zum Schluss nicht zu packen.

Vielleicht ist dies der Mentalität und Sozialisation der Koreaner geschuldet: Das Gesicht (‚Chaemyoun‘) zu wahren, und Wut und Frustration unter einer stoischen Maske zu verbergen, scheint dem Ich-Erzähler angesichts seines exzessiven und queeren Lebensstil zwar nicht so wichtig wie der koreanischen Gesellschaft im allgemeinen, aber der Autor lässt uns Leser dennoch eher selten an den Gefühlen des Protagonisten teilhaben: „War die Liebe wirklich etwas Schönes? Für mich war Liebe nur mehr ein flüchtiger Zustand, der einen in unkontrollierbarer Weise überkam und gefangen hält und sich dann, wenn man sich vom Objekt der Liebe entfernte, in etwas Abscheuliches verwandelte.“ (S.138).

Ich hatte den insgesamt Eindruck, den Protagonisten nicht wirklich kennenlernen zu können und mich in den detaillierten Schilderungen alltäglicher Geschehnisse zu verlieren. Doch das Buch scheint in die Kultur Südkoreas zu passen, denn dort soll es große Erfolge feiern. Aber das kann ich nicht beurteilen, denn in Leben und Mentalität in diesem fernen Land konnte ich auch kaum neue Einblicke gewinnen. Schade, ich hatte mir mehr erhofft.