Intensiv und berührend

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rinoa Avatar

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Ein bisschen verloren habe ich mich gefühlt, nachdem ich „Love in the big city“ zugeklappt hatte. So verloren wie auch Young ist, gefangen zwischen der Suche nach einem Mittel gegen die Einsamkeit, mittelmäßigem, meist unbedeutendem Sex, Alkohol und der Suche nach einem Platz im Leben.

Ich habe das Buch wirklich schnell durchgelesen, was zum einen am Umfang (250 Seiten), zum anderen aber auch am tollen Schreibstil des Autors lag. Ich habe Young, der in Ich-Form erzählt, durch seine Zwanziger begleitet, angefangen im ersten Teil, als er mit seiner Mitbewohnerin und Freundin Jaehee das Leben in vollen Zügen zu genießen scheint, geendet im vierten Teil, als er, nun Anfang 30 desillusionierter und zerrissener erscheint als je zuvor.

Zurück bleiben viele lose Fäden, die teilweise gar nicht oder nur sehr unzureichend verbunden werden, zeitlich wusste ich nicht immer genau, wo Young sich gerade befindet und welches Ereignis wann stattgefunden hat bzw. wie es sich in die Gesamtchronologie einfügt.
Das empfand ich tatsächlich ein wenig störend, ebenso wie die Tatsache, dass die vier Teile jeweils fast so ein bisschen für sich allein stehen und teilweise Personen oder auch Gegebenheiten im weiteren Verlauf überhaupt nicht mehr (oder nur ganz knapp) erwähnt werden. Dies verstärkt das bruchstückhafte Gefühl, das ich beim Lesen hatte, so als sähe man Youngs Leben nur in Ausschnitten.

Dass das Buch als „Psychogramm eines faszinierenden Landes“ angepriesen wurde, kann ich nicht so ganz verstehen. Für mein Dafürhalten hätte es im Großen und Ganzen auch in einer anderen Großstadt spielen können, und dass beispielsweise Youngs Mutter sehr religiös ist und seine Homosexualität ablehnt, gibt es (leider) auch anderswo. Neu war mir allerdings, dass es im Koreanischen verschiedene Sprechstufen gibt, je nach Alter und Beziehung der Menschen zueinander, das fand ich wirklich interessant.

Alles in allem hat mir „Love in the big city“ allerdings gut gefallen und ich kann schon verstehen, warum es in Südkorea als Kultbuch gilt. Youngs Geschichte ist intensiv, berührend, teilweise auch wirklich traurig und hat tatsächlich auch noch einige Zeit nach Beendigung der Lektüre in mir nachgehallt.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung!