Interessanter Blick in eine fremde Erfahrungswelt

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janina_el Avatar

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Eine interessante Geschichte, auch und vielleicht vor allem für nicht-queere Leser:innen, da es einiges zu erzählen gibt, dass außerhalb unseres Wissens und Erfahrens liegt. Gut erzählt erlebt man die Aufs und Abs, die wilden und ruhigen Erfahrungen, die positiven und negativen Begegnungen des jungen, homosexuellen Protagonisten in Seoul. Offen und ungeschönt werden die Probleme der Selbst- und Gegenüberfindung eines jungen Menschen im Allgemeinen und eines queeren Mannes im Besonderen dargestellt und reflektiert. Sympathie und Empathie werden unwillkürlich geweckt.
Beides, inhaltlich und sprachlich, so direkt und unverblümt und somit authentisch wurden mir sowohl eine kulturell als auch sexuell fremde Geschichte nahegebracht, die mir viel Neues und Spannendes eröffnet hat. Dennoch, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung, fiel es mir meist schwer, die Entscheidungen von Young nachzuvollziehen, vor allem, was die Wahl seiner Partner und Liebschaften angeht. Andererseits sind es genau diese Jahre, in den 20ern eines Menschen, in denen man Fehler, falsche Entscheidungen, irrationale und selbst-destruktive Taten erleben muss, um schließlich aus ebendiesen zu lernen. Abgesehen von ein paar Stellen, die mich regelrecht nervten, habe ich die Entwicklungen des Protagonisten aber gerne verfolgt (wie man es auch bei einem guten Freund tun würde, dessen Lebensentscheidungen man nicht immer gutheißen aber unterstützen muss). Außerdem wäre eine Romantisierung der alltäglichen Realität einer Minderheit in der Gesellschafft überhaupt nicht ehrlich und hilfreich für die Akzeptanz und würde nichts zur Steigerung ebendieser Akzeptanz beitragen.
Zu guter Letzt bleibt noch zu sagen, dass fehlende Repräsentation der queeren Community in der Literatur ein zu weit verbreiteter Missstand ist, dem mit solchen Büchern endlich entgegengewirkt wird, was eine erfreuliche Entwicklung und hoffentlich ein größer werdender Trend ist. Einem homosexuellen Protagonisten zu begegnen ist sehr erfrischend und leider noch viel zu selten.