Guter Spannungsroman

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Lügentanz” ist ein gut konstruierter Spannungsroman, der einige Rätsel aufgibt und bei dem man sich unwillkürlich fragt, welches Spiel hier gespielt wird. Wer ist hier wirklich der oder die Böse? Wer ist der Lügner unter ihnen? Oder lügen sie vielleicht alle? Da Michaelas Aussetzer nach 12 Jahren offenbar zurückkehren, beschließt sie sich eine Auszeit zu nehmen und ihre Familie zu verlassen, um alles sortieren zu können. Neben ihr als Hauptperson spielen Ehemann David, die beste Freundin Bea und eine eher zufällige Bekanntschaft namens Lena eine tragende Rolle. Nahezu alle Hauptcharaktere haben ein traumatisches Kindheitserlebnis und besonders interessant war dabei anzusehen, wie genau dieses traumatische Erlebnis eine Person lebenslang beeinflussen und was für unterschiedliche Auswirkungen es haben kann. Wer die Geschichte aufmerksam liest begreift ca. ab der Hälfte des Buches die Zusammenhänge. Auch wenn die Handlung im Mittelteil für mich etwas ins Stocken geriet, so sollte man das Buch unbedingt zu Ende lesen, um die Zusammenhänge und das Ausmaß wirklich vollends zu begreifen.

Lena und Michaela, zwischen denen sich im Verlauf eine Freundschaft entwickelt, könnten unterschiedlicher nicht sein, sowohl was das Aussehen als auch die Lebensweise und Einstellungen angeht. Mit der Zeit nimmt jedoch jede etwas von der anderen an. Am sympathischsten war mir Lena, die auch die beste Entwicklung durchmacht. Ist sie anfangs noch eine verantwortungslose herumtreibende Person, entwickelt sie eine eigene Persönlichkeit, trifft Entscheidungen und lernt Verantwortung zu übernehmen. Michaela ist eher die zurückhaltende Person, die versucht ihre Gedanken zu sortierten. Sie weiß nicht mehr, wem sie glauben kann und ob sie wirklich verrückt ist. Der Roman lebt quasi von Michaelas Selbstzweifeln und innerer Zerrissenheit, was letztlich zu ihren Handlungen führt, die in einigen Momenten wirklich labil und naiv erscheinen. Dabei weiß der Leser eigentlich genau, dass sie nicht verrückt ist und das irgendwas hinter dieser Sache stecken muss.

Was genau hinter Sache steckt erfährt man auf drei verschiedenen Zeitebenen. Zum einen die Gegenwart, in denen Lena und Michaela die Zusammenhänge sortieren. Die zweite Ebene sind immer wieder auftretende Flashbacks in die Vergangenheit sowohl von Michaela als auch von Lena. Dabei kristallisiert sich nach und nach heraus, womit Michaelas Blackouts zusammenhängen und warum Lena von heute auf morgen alles hinter sich gelassen hat und in die Tage reinlebt. Als drittes kommen immer wieder E-Mails von Bea ins Spiel, die ca. einen Monat nach den Ereignissen datieren. Diese E-Mails führen einen zwar manchmal auf die falsche Fährte, lösen das Rätsel aber Stück für Stück auf. Am Ende sind die Ereignisse logisch miteinander verknüpft, sodass alles einen Sinn ergibt.


ZUSAMMENFASSEND
“Lügentanz” ist ein gut ausgearbeiteter psychologischer Spannungsroman der zeigt, dass es nicht immer einen Killer und eine Menge Blut braucht. Auch wenn der Roman im Mittelteil etwas schwächelt, so weiß er doch zu unterhalten und lädt zum mitraten ein, was mit Michaela wirklich passiert ist. Die Ereignisse und traumatischen Kindheitserlebnisse sind logisch miteinander verknüpft, sodass alles trotz des sehr schnellen Endes einen Sinn ergibt.