Eine faszinierende Reise in eine fremde Welt

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ceodaz Avatar

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Das Cover von Lyneham hat mich sofort angesprochen und ist ein echter Hingucker. Die düstere Gestaltung passt perfekt zur Geschichte und vermittelt den Eindruck, dass das Schicksal oft in den Händen Fremder liegt – ein zentrales Thema des Romans.

Nils Westerboer entwirft mit Lyneham eine eindrucksvolle Zukunftsvision und stellt die drängende Frage, wie sich das Überleben der Menschheit unter extremen Bedingungen gestalten könnte. Die Handlung an sich hat mich vollkommen in ihren Bann gezogen, vor allem durch die tiefgründigen Themen und ethischen Fragestellungen. Aber auch die Auseinandersetzung mit der Problematik, was passiert, wenn die Ressourcen auf der Erde zur Neige gehen und die Menschheit nach einer Alternative suchen muss, haben mich sehr fasziniert.

Besonders gelungen sind Westerboers Beschreibungen des Planeten Perm. Durch seine detaillierten Schilderungen der Tierwelt, der Geografie und des Wetters konnte ich mir das fremde, aber dennoch greifbare Ökosystem hervorragend vorstellen. Die Landkarte Perms auf den Innenseiten der Umschlagkappen war eine tolle Ergänzung und half dabei, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden.

Als sehr gelungen empfand ich auch die zwei unterschiedlichen Perspektiven, aus denen die Geschichte erzählt wird: die der Wissenschaftlerin Mildred und ihres Sohnes Henry. Henrys kindliche Sichtweise, seine unerschütterliche Hoffnung und seine naive Wahrnehmung der Erwachsenenwelt haben mich berührt und zum Nachdenken angeregt. Mildred hingegen wird als zielstrebige, analytische Frau dargestellt, die ihre wissenschaftliche Passion dem Familienleben vorzieht. Das Mildred keine übermenschliche „Supermutter“ ist, die mühelos Familie und Karriere vereint, war sehr erfrischend. Zudem macht diese ehrliche Darstellung sie und ihren Charakter besonders glaubwürdig.

Trotz dieser Stärken hätte ich mir insgesamt mehr Tiefe bei den Protagonisten gewünscht. Oft fehlten Hintergrundinformationen zu den Figuren, was dazu führte, dass einige ihrer Handlungen oder Spannungen zwischen bestimmten Personen nicht immer sofort nachvollziehbar waren. Hier hätten mehr Details und emotionale Einblicke geholfen, um die Interaktionen klarer und greifbarer zu machen.

Wie bereits erwähnt, konnte mich Lyneham extrem fesseln und faszinieren, vor allem durch seine tiefgründigen Themen und ethischen Fragestellungen. Doch es gab auch Passagen, die sehr wissenschaftlich und stellenweise etwas trocken formuliert waren, was den Lesefluss gelegentlich ausgebremst hat. Wer sich jedoch für technische und wissenschaftliche Details interessiert, wird diese Stellen vermutlich genießen, für andere könnten sie jedoch eine Hürde darstellen.

Das Ende empfand ich als überhastet. Viele Fragen blieben unbeantwortet, was mich mit gemischten Gefühlen zurückließ. Nach einem so tiefgründigen und gut aufgebauten Roman hätte ich mir ein runderes, etwas ausführlicheres Finale gewünscht.

Trotz dieser Kritikpunkte konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen. Die fesselnde Thematik, die faszinierende Darstellung einer fremden Welt und die philosophischen Fragen, die Lyneham aufwirft, machen es zu einer lesenswerten und nachdenklich stimmenden Science-Fiction-Geschichte.

Wer sich für realistische Zukunftsvisionen und wissenschaftlich fundierte Erzählungen interessiert, sollte diesem Roman definitiv eine Chance geben!