Muse auf Zeit

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Eva Gouel verlässt im Mai 1911 ihre Heimatstadt Vincennes und bricht nach Paris auf, um familiären Zwängen zu entkommen. Fortan nennt sie sich Marcelle Humbert und nimmt eine Anstellung als Schneiderin im berühmten Moulin Rouge an. Pablo Picasso ist dort mit seinen Freunden aus dem künstlerischem und literarischen Umfeld gern gesehener Gast. Eva springt in einer Vorstellung für eine Freundin auf der Bühne ein, was bei Picasso einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Es kommt, wie es kommen muss. Pablo ist schwer beeindruckt von Eva und wirbt heftig um sie, beide befinden sich noch mehr oder minder in anderen Beziehungen, die entweder noch nicht gefestigt sind (Eva) oder sich im Laufe der Jahre und Umstände in Auflösung befinden (Picasso).
Nachdem Eva dem Werben Picassos nachgegeben hat, entwickelt sich eine äußerst fruchtbare Leiden- und Liebschaft zwischen den beiden. Eva wird zu Pablos Muse. Sie haben in Umfeld von gegen viele Widerstände und Anfeindungen anzukämpfen, allein der Kreis um Gertrude Stein akzeptiert die geänderten Vorzeichen. Über die Jahre hinweg wird Eva für Picasso immer mehr Lebensmotor und Inspiration. Sein beruflicher Erfolg und Ansehen als anerkannter Künstler steigt immens. Dann wird Eva krank, wobei sie Picasso ihre Beschwerden lange Zeit verschweigt. Er selbst kämpft immer wieder gegen die Dämonen seiner Vergangenheit an und gibt sich selbst die Schuld am frühen Tod seiner kleinen Schwester. Madame Picasso durfte sich Eva nur in ihrer beiden Welt nennen, zu einer Heirat ist es nicht mehr gekommen-
Ein äußerst intensiver Roman, gut recherchiert, sprachlich umgewandelt in bildliche Strukturen, die sich sehr gut im Kopf umsetzen lassen.
Im Laufe des Romans lässt uns Anne Girard beide Seiten der Geschichte verfolgen. Eva, anfangs recht unsicher und naiv, ob der künstlerischen Szene, in die sie reinstolpert. Entwickelt sie sich doch zu einer resoluten Frau, die zu Picasso steht, ihm den Rücken freihält, inspiriert, aber auch ihren eigenen Weg neben der Musenfunktion geht und Erfüllung darin findet.
Picasso lernt man als einen Mann kennen, am Anfang seiner Karriere stehend, von Selbstzweifeln gequält und Kraft schöpfend aus der Quelle "Eva". Eva selbst wird in seinen Bildern aus dieser Zeit nie selbst eindeutig porträtiert, Symbole in vielen seiner Werke aus seiner kubistischen Phase weisen auf ihre Existenz hin. Man erfährt viel rund um das künstlerische Paris und seinen Gefährten aus dieser Zeit. Wenn man durch diesen Roman dazu verführt wird, sich eingehender mit dem Leben und Wirken Picassos auseinanderzusetzen,dann kann man einen eindeutigen und nachhaltigen Nutzen aus diesem Buch ziehen. Chapeau.