Leena, eine junge Frau stellt sich dem Leben

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adelheid von buch Avatar

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„Männer wie Männer, Frauen wie Frauen“ von Marja-Liisa Vartio erschien erstmals in Finnland im Jahr 1959. Die Geschichte spielt sich vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit in Finnland ab. Auch das Äußere des Buches entspricht dem mit seiner Gestaltung. Es handelt es sich hier um ein wahres Sahnebonbon, ja einfach um Weltliteratur.

Es geht um die Geschichte der 18jährigen Leena, die sich in einen 34jährigen Mann verguckt, der verheiratet ist und sich auch nur vorübergehend in ihrer Stadt als Straßenarbeiter aufhält. Als sie ihre Schwangerschaft bemerkt, ist der Mann schon wieder bei seiner Familie.

Leena steht mit ihrem Babybauch völlig allein da. Ihre Liebesgeschichte musste sie geheim halten, ihre Schwangerschaft muss sie so lange wie möglich verbergen. Auf ganz besondere Art wird deutlich, wie fremd sich die Menschen in ihrer Familie sind, wie blind füreinander. Als ihr Zustand offenbar wird, wird Leena von allen Aktivitäten der Familie ausgeschlossen. Im Grunde sind alle mit der Situation überfordert und agieren hilflos und chaotisch. Es ist nicht möglich, miteinander wirklich zu kommunizieren. Der Vater ist gar nicht ansprechbar. Versuche der Mutter und der Schwester, sich Leena anzunähern, ja ihr auch beizustehen, bleiben erfolglos. Alles ist für Leena nur belastend.

Leena entwickelt sich in dieser schwierigen Situation zu einer starken Persönlchkeit. Nachdem sie anfangs erfolglos versucht hat, die Schwangerschaft abzubrechen, beschließt sie, ihr Schicksal anzunehmen und die erforderlichen Schritte zu unternehmen. Sie ist sich selbst gegenüber dabei absolut ehrlich. Die Doppelbödigkeit der gesellschaftlichen Moral widert sie an. Sie überstürzt nichts und verlässt sich nur auf sich selbst. So ist es ihr möglich, Entscheidungen zu treffen, die ihre Situation verbessern. Leena verlässt ihr Elternhaus und nimmt eine Stelle als Hausmädchen in der Stadt an. Auch in dieser Familie gibt es keine Wärme, keine Nähe. Aber schließlich sind es fremde Leute, von denen so etwas ach nicht zu erwarten ist. So tut es Leena weniger weh.
Einzig mit dem 3jährigen Sohn verbindet sie eine liebevolle Zuneigung, die sie jedoch nur zeigen kann, wenn dessen Mutter nicht in der Nähe ist.

Interessant ist auch die Beziehung zum Vater des Kindes gestaltet. Der Mann will Leena nicht im Stich lassen, ist aber ja nun mal gebunden als Ehemann und Vater zweier Kinder. Er hält den Kontakt zu ihr und will sich auch um Leena kümmern. Aber er wohnt nun noch weiter weg von ihr. Sie haben keine gemeinsamen Alltag. Sie driften emotional ebenfalls weiter und weiter auseinander. Für Leena verliert der Mann mehr und mehr an Bedeutung.

Zu dem Kind in ihrem Bauch entwickelt Leena jedoch mit der Zeit eine wachsende Wärme. Sie kann es am Ende wirklich annehmen, sie kann ihr Leben annehmen,

Am Ende des Buches kann man zuversichtlich sein, dass Leena im Leben zurechtkommen wird, egal wie schwierig die Umstände sich gestalten.

Der besondere Schreibstil von Marja-Liisa Vartio macht das Buch zu einem besonderen Lesevergnügen. Sie verzichtet darauf, den Figuren Namen zu geben. Dennoch ist stets klar, von wem die Rede ist. Dadurch wird auch der Leser auf Distanz gehalten und einmal mehr die zentrale Rolle der Leena unterstrichen. Der Humor, der stellenweise zwischen den Zeilen mitschwingt, ist mal Ironie und mal Sarkasmus und manchmal auch ganz böse.