Leena und das Leben

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herbstrose Avatar

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Leena ist verliebt, ein bisschen jedenfalls, und auch ein bisschen neugierig wie das so ist, das Leben und so. Sie ist jetzt 18 Jahre alt und war bisher immer die brave Tochter, die fleißig auf dem Bauernhof der Eltern mithalf. Zur Schule durfte sie nur zwei Jahre gehen, dann war der Vater der Meinung, dass es nun genug sei. Jetzt hat sie einen Mann kennen gelernt, einen Straßenarbeiter, doppelt so alt wie sie und dazu noch verheiratet. Leena ist verwirrt, weiß nicht was sie tun soll. Der Mann weiß es umso besser, auch wenn er danach meint, er „hätte es nicht tun dürfen“ und Leena glaubt, sie „hätte gar nicht erst herkommen dürfen“. Trotzdem treffen sie sich heimlich immer wieder. Als Lena merkt dass sie schwanger ist, verdrängt sie zunächst alle Gedanken daran und versucht, mit anstrengender Arbeit und heißen Saunagängen das los zu werden, was einfach nicht sein darf. Doch irgendwann lässt sich ihr Zustand vor den Eltern nicht mehr verbergen. Mutter macht sich Gedanken darüber, was die Leute im Dorf sagen werden, und für Vater ist Leena einfach nicht mehr existent. So fasst sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen eigenen Entschluss. Sie nimmt eine Stelle als Haushaltshilfe an und zieht in die Stadt …

Um dieses Buch richtig zu verstehen sollte man sich zunächst darüber im Klaren sein, dass die Geschichte Mitte der 50er-Jahre des vorigen Jahrhunderts spielt, zu einer Zeit also, in der eine ledige Schwangere noch als Nutte bezeichnet wurde, ihr Kind folglich ein Hurenbalg war. Unter diesen Aspekten lässt sich die Gefühlswelt, die Panik und innere Zerrissenheit der Protagonistin besser nachfühlen.

Der Schreibstil ist sehr distanziert, die Autorin spart mit Worten und drückt doch alles aus. Zu Beginn mag man ihn als passiv und gleichgültig empfinden, doch hat man sich erst daran gewöhnt fühlt man die Kraft und Stärke, die von den knappen und ruhigen, mit viel Feingefühl verfassten Worten ausgeht. Die Kargheit der finnischen Landschaft und die Trostlosigkeit des elterlichen Hofes empfindet man sehr eindringlich, die Charaktere der meist namenlosen Personen sind gut nachvollziehbar. Erscheint Leena anfangs noch sehr naiv und unreif, ändert sich das mit ihrem Auszug aus dem Elternhaus allmählich. Ihre Gedanken werden strukturierter, sie akzeptiert das Unvermeidliche und erkennt nach und nach ihre Möglichkeiten.

Das Ende bleibt offen und macht die Geschichte für mich unvollständig. Leenas Problem endet doch keineswegs damit, dass sie eine Entscheidung weiterhin vor sich herschiebt. Sie bringt einen gesunden Jungen zur Welt, und damit beginnen meiner Meinung nach erst die richtigen Schwierigkeiten für sie. Doch leider ist darüber nichts mehr zu lesen, nichts ist geklärt, keines ihrer Probleme ist gelöst. Sie macht sich ans Wäschewaschen – im Buch bleiben acht leere Seiten …

Fazit: Ich habe dieses Buch gerne gelesen und mich nicht damit gelangweilt, dennoch entlässt es mich ein wenig ratlos.